18.10.2018

Zwangsversteigerung: Verkehrswert eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück entspricht grundsätzlich dessen rechnerischem Anteil

Bei der Zwangsversteigerung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück sind die übrigen Miteigentümer jedenfalls dann als Beteiligte i.S.v. § 9 Nr. 1 ZVG anzusehen, wenn das Grundstück mit einem Grundpfandrecht belastet ist. Der Verkehrswert eines Miteigentumsanteils entspricht bei der Zwangsversteigerung grundsätzlich dessen rechnerischen Anteil an dem Verkehrswert des Gesamtgrundstücks.

BGH 7.6.2018, V ZB 221/17
Der Sachverhalt:

Die Beteiligten zu 4 und 5 (Gläubigerinnen) betreiben die Zwangsversteigerung des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks, das im je hälftigen Miteigentum des Beteiligten zu 1 (Schuldner) und der Beteiligten zu 2 steht. Das Zwangsversteigerungsverfahren wurde hinsichtlich der Beteiligten zu 2 eingestellt.

Zur Ermittlung des Verkehrswerts des Miteigentumsanteils des Schuldners holte das AG ein Sachverständigengutachten ein. Der Sachverständige bewertete Das Gesamtgrundstück mit 215.000 € und den hälftigen Miteigentumsanteil des Schuldners mit 107.500 €.

Das AG setzte den Verkehrswert für den Miteigentumsanteil des Schuldners in entsprechender Höhe fest. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2 wies das LG zurück. Ihre Rechtsbeschwerde, mit der sie weiterhin die Herabsetzung des Verkehrswerts um mindestens 15 % erreichen wollte, hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:

Die Beteiligte zu 2 ist beschwerdebefugt. Das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegen die Festsetzung des Verkehrswerts steht nach § 74 Abs. 5 S. 3 ZVG grundsätzlich allen Beteiligten des Zwangsversteigerungsverfahrens i.S.v. § 9 ZVG offen. Eine Ausnahme gilt nur, wenn feststeht, dass die Rechtsstellung des Beteiligten durch die Wertfestsetzung nicht berührt sein kann. Es ist jedoch umstritten, ob in einem Zwangsversteigerungsverfahren über einem Grundstücksbruchteil die übrigen Miteigentümer aufgrund ihrer Eintragung im Grundbuch als Beteiligte anzusehen sind.

Im Streitfall kann die Frage dahinstehen, denn die übrigen Miteigentümer sind jedenfalls dann bei der Zwangsversteigerung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück als Beteiligte i.S.v. § 9 Nr. 1 ZVG anzusehen, wenn das Grundstück - wie hier - mit einem Grundpfandrecht belastet ist. Die Einbeziehung der weiteren Miteigentümer ist in diesem Fall geboten, da ihr Recht an dem Grundstück durch die Versteigerung eines Bruchteils zumindest mittelbar berührt wird. Auswirkungen auf die Anteile der anderen Miteigentümer können sich insbesondere ergeben, wenn - wie hier - die Vollstreckung aus dem Gesamtpfandrecht betrieben wird.

Im Übrigen ist auch aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass der Verkehrswert für den Miteigentumsanteil des Schuldners auf die Hälfte des Werts des Gesamtgrundstücks festgesetzt wurde. Allgemeine Grundsätze dazu, ob und wann bei einem Miteigentumsanteil an einem Grundstück wegen dessen eingeschränkter Verkehrsfähigkeit und Verwertbarkeit Wertabschläge vorzunehmen sind, lassen sich nicht aufstellen. Eine generelle Verpflichtung dazu lässt sich auch nicht dem Gesetz, insbesondere § 194 BauGB entnehmen. Es kommt vielmehr auf die Einzelfallumstände an. Nach Auffassung des BGH entspricht der Verkehrswert eines Miteigentumsanteils bei der Zwangsversteigerung grundsätzlich dessen rechnerischem Anteil an dem Verkehrswert des Gesamtgrundstücks. Die Regelung des § 74a Abs. 5 S. 1 ZVG enthält keine Vorgaben zur Wertfestsetzung bei der Zwangsvollstreckung in den Bruchteil eines Grundstücks.

Auch Sinn und Zweck der Wertfestsetzung im Zwangsversteigerungsverfahren gebietet keinen generellen Abschlag. Diese soll einer Verschleuderung des beschlagnahmten Grundstücks entgegen wirken und muss daher auf eine sachgerechte Bewertung des Grundstücks ausgerichtet sein. Eine sachgerechte Bewertung erfordert aber keine generelle Abschlagsvornahme. Denn der Ersteher eines Miteigentumsanteils muss die eingeschränkte Nutzungs- und Veräußerungsmöglichkeit nicht hinnehmen. Er kann durch den Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft aus § 749 BGB den seinem Miteigentumsanteil innewohnenden anteiligen Grundstückswert in einer dem Anteil entsprechenden Höhe realisieren.

Linkhinweis:

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