Zwangsvollstreckung durch Rechtsanwaltssozietät: Zu den Anforderungen an die Gläubigerbezeichnung im Titel
Saarländisches OLG v. 6.8.2025 - 5 W 55/25
Der Sachverhalt:
Mit Antrag vom 21.2.2025 und 3.3.2025 begehrte die Antragstellerin, die nach ihrem Briefkopf unter der Bezeichnung "A." im Rechtsverkehr auftritt, unter Bezugnahme auf die vollstreckbare Ausfertigung eines Kostenfestsetzungsbeschlusses des AG Neunkirchen vom 29.11.2024 (5 C 4/23) sowie eine Forderungsaufstellung die Eintragung einer Zwangshypothek zu Lasten eines im Grundbuch eingetragenen Grundbesitzes. Der Titel, der im Rubrum die dortigen Parteien und ihre - von der Antragstellerin verschiedenen - Prozessbevollmächtigten benennt, lautet in seinem Tenor dahin, dass von dem Beklagten an Kosten rd. 1.700 € nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.7.2024 "an Rechtsanwälte H. zu erstatten" seien.
Mit einer - so bezeichneten - nicht rangwahrenden Zwischenverfügung wies das Grundbuchamt die Antragstellerin darauf hin, dass die Gläubigerbezeichnung im Kostenfestsetzungsbeschluss den Anforderungen des § 750 ZPO nicht genüge, weil sich aus dem Titel nicht die vollständigen Namen der Gläubiger sowie das im Grundbuch einzutragende Beteiligungsverhältnis der Gläubiger untereinander ergebe, und dass für den Fall, dass es sich bei der Rechtsanwaltskanzlei um eine eingetragene GbR handele, diese Bezeichnung nebst Registernummer angegeben werden müsste. Der Antragstellerin wurde nachgelassen, die Beanstandung innerhalb einer Frist von drei Monaten zu beheben. Nachdem hierauf keine Reaktion erfolgte, wies das Grundbuchamt mit dem angefochtenen Beschluss den Antrag auf Eintragung einer Zwangssicherungshypothek mit dieser Begründung zurück.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin hatte vor dem OLG keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das Grundbuchamt hat zu Recht beanstandet, dass die Bezeichnung des oder der Gläubiger in dem vorgelegten Vollstreckungstitel nicht den gesetzlichen Anforderungen genügt; dieser Mangel bewirkt hier zugleich, dass nicht zweifelsfrei festgestellt werden kann, dass die antragstellende Sozietät Gläubigerin des titulierten Anspruchs ist. Denn die Bezeichnung "Rechtsanwälte H." in dem Tenor des Kostenfestsetzungsbeschlusses ist nicht bloß unvollständig, wie die angefochtene Entscheidung richtigerweise hervorhebt, sondern hinsichtlich der Person des Gläubigers objektiv mehrdeutig, ohne dass sich diese Unklarheiten hier im Wege der Auslegung beseitigen ließen.
Offen bleibt vor allem schon, ob damit - was materiell-rechtlich nahe liegen mag, jedoch für die Titelauslegung nicht maßgeblich ist - die Antragstellerin als (auch: scheinbare) Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder aber die im Titel genannten Rechtsanwälte als Einzelpersonen gemeint sind. Durchgreifende Zweifel an der Nämlichkeit folgen insoweit schon aus dem Wortlaut des Titels, der als Gläubiger die "Rechtsanwälte pp." und nicht die Antragstellerin unter ihrer im Rechtsverkehr verwendeten Bezeichnung ("ADVOTEAM pp.") benennt, wie dies bei einer (rechtsfähigen, § 705 Abs. 2 BGB) Gesellschaft bürgerlichen Rechts erforderlich und zu erwarten gewesen wäre.
Umstände außerhalb des Titels, insbesondere der Eintragungsantrag, durften das Grundbuchamt und jetzt der Senat als Vollstreckungsorgan nicht berücksichtigen; denn die von der Rechtsprechung anerkannte Ausnahme, wonach das Prozessgericht, wenn es aus einem Titel vollstreckt, den es selbst geschaffen hat, auch sein Wissen aus dem Erkenntnisverfahren bei der Auslegung des Titels mit heranziehen darf kann auf Fälle, in denen das Vollstreckungsorgan - wie hier - einen nicht von ihm selbst erlassenen Titel vollstreckt, nicht übertragen werden.
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Koch/Harnos in Koch, Personengesellschaftsrecht Kommentar, 2024
1. Aufl./Lfg. 10.2023
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Mit Antrag vom 21.2.2025 und 3.3.2025 begehrte die Antragstellerin, die nach ihrem Briefkopf unter der Bezeichnung "A." im Rechtsverkehr auftritt, unter Bezugnahme auf die vollstreckbare Ausfertigung eines Kostenfestsetzungsbeschlusses des AG Neunkirchen vom 29.11.2024 (5 C 4/23) sowie eine Forderungsaufstellung die Eintragung einer Zwangshypothek zu Lasten eines im Grundbuch eingetragenen Grundbesitzes. Der Titel, der im Rubrum die dortigen Parteien und ihre - von der Antragstellerin verschiedenen - Prozessbevollmächtigten benennt, lautet in seinem Tenor dahin, dass von dem Beklagten an Kosten rd. 1.700 € nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.7.2024 "an Rechtsanwälte H. zu erstatten" seien.
Mit einer - so bezeichneten - nicht rangwahrenden Zwischenverfügung wies das Grundbuchamt die Antragstellerin darauf hin, dass die Gläubigerbezeichnung im Kostenfestsetzungsbeschluss den Anforderungen des § 750 ZPO nicht genüge, weil sich aus dem Titel nicht die vollständigen Namen der Gläubiger sowie das im Grundbuch einzutragende Beteiligungsverhältnis der Gläubiger untereinander ergebe, und dass für den Fall, dass es sich bei der Rechtsanwaltskanzlei um eine eingetragene GbR handele, diese Bezeichnung nebst Registernummer angegeben werden müsste. Der Antragstellerin wurde nachgelassen, die Beanstandung innerhalb einer Frist von drei Monaten zu beheben. Nachdem hierauf keine Reaktion erfolgte, wies das Grundbuchamt mit dem angefochtenen Beschluss den Antrag auf Eintragung einer Zwangssicherungshypothek mit dieser Begründung zurück.
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Offen bleibt vor allem schon, ob damit - was materiell-rechtlich nahe liegen mag, jedoch für die Titelauslegung nicht maßgeblich ist - die Antragstellerin als (auch: scheinbare) Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder aber die im Titel genannten Rechtsanwälte als Einzelpersonen gemeint sind. Durchgreifende Zweifel an der Nämlichkeit folgen insoweit schon aus dem Wortlaut des Titels, der als Gläubiger die "Rechtsanwälte pp." und nicht die Antragstellerin unter ihrer im Rechtsverkehr verwendeten Bezeichnung ("ADVOTEAM pp.") benennt, wie dies bei einer (rechtsfähigen, § 705 Abs. 2 BGB) Gesellschaft bürgerlichen Rechts erforderlich und zu erwarten gewesen wäre.
Umstände außerhalb des Titels, insbesondere der Eintragungsantrag, durften das Grundbuchamt und jetzt der Senat als Vollstreckungsorgan nicht berücksichtigen; denn die von der Rechtsprechung anerkannte Ausnahme, wonach das Prozessgericht, wenn es aus einem Titel vollstreckt, den es selbst geschaffen hat, auch sein Wissen aus dem Erkenntnisverfahren bei der Auslegung des Titels mit heranziehen darf kann auf Fälle, in denen das Vollstreckungsorgan - wie hier - einen nicht von ihm selbst erlassenen Titel vollstreckt, nicht übertragen werden.
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