01.06.2017

Berichtigung des Vorsteuerabzugs infolge erfolgreicher Insolvenzanfechtung

Zahlt ein Gläubiger des Insolvenzschuldners Beträge, die er vor Insolvenzeröffnung vom Insolvenzschuldner vereinnahmt hat, nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens infolge einer erfolgreichen Insolvenzanfechtung in die Insolvenzmasse zurück, hat der Insolvenzverwalter im Zeitpunkt der Rückzahlung den Vorsteuerabzug gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG zu berichtigen.

Kurzbesprechung
BFH v. 29.3.2017 - XI R 5/16

UStG § 17 Abs. 1 u. 2
InSO § 42, § 55, § 129, § 144

Ändert sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, hat der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen. Ebenfalls ist gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG der Vorsteuerabzug bei dem Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt wurde, zu berichtigen.

Dies gilt nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG sinngemäß, wenn das vereinbarte Entgelt für eine steuerpflichtige Lieferung, sonstige Leistung oder einen steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerb uneinbringlich geworden ist. Wird das Entgelt nachträglich vereinnahmt, sind Steuerbetrag und Vorsteuerabzug erneut zu berichtigen.

Uneinbringlich ist ein Entgelt i.S. von § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG, wenn bei objektiver Betrachtung damit zu rechnen ist, dass der Leistende die Entgeltforderung (ganz oder teilweise) jedenfalls auf absehbare Zeit rechtlich oder tatsächlich nicht durchsetzen kann. Dies kann auch durch eine nachträgliche Rückgewähr an den Schuldner eintreten.

Im Streitfall waren durch eine im Jahr 2013 infolge Insolvenzanfechtung erfolgte Rückgewähr gezahlter Beträge Entgelte aus bezogenen Leistungen (nachträglich) uneinbringlich geworden. Aufgrund dieser Rückgewähr lebten gemäß § 144 InsO die ursprünglichen Zahlungsansprüche der Gläubiger wieder auf. Die Ansprüche der Gläubiger sind Insolvenzforderungen i.S. des § 38 InsO und wegen der Insolvenz des Unternehmers uneinbringlich i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG. Deshalb haben die Gläubiger ihre Umsatzsteuer zu berichtigen; ebenso ist zeitgleich auch die Vorsteuer für die bezogenen Leistungen gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG zu berichtigen.

Die Berichtigungsansprüche nach § 17 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG sind im Rahmen der Masseverwaltung entstanden und daher als Masseverbindlichkeit gegenüber dem Insolvenzverwalter festzusetzen. Denn Masseverbindlichkeiten sind gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO die Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören. Diese sind durch Steuerbe-scheid gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend zu machen.

Die Abgrenzung zwischen Masseverbindlichkeiten und Insolvenzforderungen bestimmt sich danach, ob der den Umsatzsteueranspruch begründende Tatbestand nach den steuerrechtlichen Vorschriften bereits vor oder erst nach Insolvenzeröffnung vollständig verwirklicht und damit abgeschlossen ist; nicht maßgeblich ist dagegen der Zeitpunkt der Steuerentstehung nach § 13 UStG. Im Streitfall war der entstandene Vorsteuerberichtigungsanspruch eine Masseverbindlichkeit, weil er im Rahmen der Masseverwaltung entstanden war.

Verlag Dr. Otto Schmidt