17.10.2019

Kraftfahrzeugsteuerbefreiung für Krankenbeförderung

Die Krankenbeförderung i.S. des § 3 Nr. 5 Satz 1 KraftStG setzt voraus, dass kranke Menschen befördert werden. Steuerbefreit sind nur Fahrzeuge, die ausschließlich für Fahrten im Zusammenhang mit der Behandlung kranker Menschen verwendet werden.

Kurzbesprechung
BFH v. 10.6.2019 - III R 47/18

KraftStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Nr. 5, § 12 Abs. 2 Nr. 3

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG unterliegt der Kfz-Steuer das Halten von inländischen Fahrzeugen zum Verkehr auf öffentlichen Straßen. Von der Kfz-Steuer befreit ist nach § 3 Nr. 5 Satz 1 KraftStG u.a. das Halten von Fahrzeugen, solange sie ausschließlich zur Krankenbeförderung verwendet werden. Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist nach § 3 Nr. 5 Satz 2 KraftStG weiterhin, dass die Fahrzeuge äußerlich als für diese Zwecke bestimmt erkennbar sind und dass sie, sofern sie nicht für eine der in § 3 Nr. 5 Satz 3 KraftStG aufgeführten Körperschaften zugelassen sind, nach ihrer Bauart und Einrichtung dem Verwendungszweck angepasst sind.

Die Krankenbeförderung setzt bereits begrifflich voraus, dass kranke Menschen befördert werden. Der Begriff der Krankheit ist im Gesetz nicht definiert, da sein Inhalt ständigen Änderungen unterliegt und der Begriff im jeweiligen Rechtszusammenhang und individuellem Fall gebraucht wird. Allgemein anerkannt ist jedoch, dass Krankheit ein anomaler körperlicher, geistiger oder seelischer Zustand ist, der nach herrschender Auffassung einer medizinischen Behandlung bedarf. Dieser Krankheitsbegriff gilt auch für Zwecke der Kraftfahrzeugsteuer. Der Begriff der Behinderung (vgl. § 2 Abs. 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch) ist nicht deckungsgleich mit dem Begriff der Krankheit.

Die Behandlungsbedürftigkeit impliziert eine gewisse Dringlichkeit der Beförderung, wie sie den übrigen Merkmalen des § 3 Nr. 5 Satz 1 KraftStG (Feuerwehrdienst, Katastrophenschutz, ziviler Luftschutz, Unglücksfälle, Rettungsdienst) immanent ist. Das Gesetz verlangt keinen dringenden Soforteinsatz. Vielmehr müssen die beförderten Personen behandlungsbedürftig sein und die Beförderung muss mit der Behandlung im Zusammenhang stehen.

Im entschiedenen Streitfall wurden die Fahrzeuge ausschließlich zur Beförderung von Personen verwendet, die derart gehbehindert waren, dass sie öffentliche Verkehrsmittel oder private Fahrzeuge ohne fremde Hilfe nicht benutzen konnten. Das FG hatte fehlerhaft lediglich auf die (Geh-)Behinderung der Personen abgestellt, ohne festzustellen, ob die mit den streitgegenständlichen Fahrzeugen beförderten Personen krank in dem oben genannten Sinne waren und ob die behandlungsbedürftigen Personen zum Zweck der Behandlung befördert wurden.

Da das FG keine Feststellungen zur Krankheit der beförderten Personen und zum Zweck der Fahrten getroffen hatte, wurde er Streitfall an die Vorinstanz zur weiteren Sachaufklärung und erneuten Entscheidung zurückverwiesen.

BFH, Urteil vom 10.6.2019, III R 47/18, veröffentlicht am 17.10.2019.
 
Verlag Dr. Otto Schmidt