08.06.2011

Zu den Voraussetzungen einer Verwertungskündigung

Ein erheblicher Nachteil bei einer Verwertungskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB kann nicht schon deshalb verneint werden, weil die Vermieter das Grundstück als Erbe bereits im vermieteten und unrentablen Zustand erworben hat und seit dem tatsächlichen Eintritt in das Mietverhältnis bei Beendigung der staatlichen Verwaltung keine wesentliche Verschlechterung eingetreten war. Dies hätte nämlich zur Folge, dass Eigentümer ehemals staatlich verwalteter Wohnungen gezwungen wären, an den bei Aufhebung der Verwaltung gegebenen Zuständen auch nach deren Beendigung festzuhalten, was nicht mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar ist.

BGH 8.6.2011, VIII ZR 226/09
Der Sachverhalt:
Die Kläger sind in ungeteilter Erbengemeinschaft Eigentümer eines in der ehemaligen DDR liegenden Einfamilienhauses, das 1953 unter staatlicher Verwaltung an die Beklagte vermietet worden war. Nach dem Ende der staatlichen Verwaltung mit Ablauf des Jahres 1992 traten die Kläger als Vermieter in das Mietverhältnis ein. Sie kündigten im Juli 2007 den Mietvertrag mit der Begründung, das sanierungsbedürftige und verlustbringende Mietobjekt zum Zwecke der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft verkaufen zu wollen. Die erstrebte Erbauseinandersetzung lasse sich nur durch Verkauf bewerkstelligen, der in absehbarer Zeit nur in unvermietetem Zustand möglich sei.

AG und LG wiesen Räumungsklage ab. Auf die Revision der Kläger hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurück.

Die Gründe:
Die Räumungsklage der Kläger konnte nicht aus den von den Vorinstanzen geltend gemachten Gründen abgewiesen werden.

Bei der Frage, ob dem Eigentümer durch den Fortbestand eines Mietvertrags erhebliche Nachteile entstehen und er deshalb zur Kündigung des Mietverhältnisses nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB berechtigt ist, muss zwar auch das grundsätzliche Interesse des Mieters, in der bisherigen Wohnung als seinem Lebensmittelpunkt zu verbleiben, berücksichtigt werden und es muss eine Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalls erfolgen. Anders als das LG allerdings annahm, konnte hier ein erheblicher Nachteil nicht schon deshalb verneint werden, weil die Kläger das Grundstück als Erben bereits im vermieteten und unrentablen Zustand erworben hatten und seit dem tatsächlichen Eintritt der Kläger in das Mietverhältnis bei Beendigung der staatlichen Verwaltung keine wesentliche Verschlechterung eingetreten war.

Dies hätte nämlich zur Folge, dass Eigentümer ehemals staatlich verwalteter Wohnungen gezwungen wären, an den bei Aufhebung der Verwaltung gegebenen Zuständen auch nach deren Beendigung festzuhalten und ihnen würde zugemutet werden, dauerhaft Verluste ohne eine Verwertungsmöglichkeit hinzunehmen. So etwas ist allerdings nicht mit dem Eigentumsgrundrecht nach Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar.

Das Berufungsgericht muss nun im weiteren Verfahren Feststellungen zu der von den Klägern behaupteten Unrentabilität des Grundstücks, zur Höhe des Mindererlöses bei einem Verkauf im vermieteten Zustand bzw. zur Unverkäuflichkeit im vermieteten Zustand und gegebenenfalls zu den von der Beklagten zu 1) geltend gemachten Härtegründen treffen.

Linkhinweise:

  • Der Volltext dieser Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.
BGH PM Nr. 100 vom 8.6.2011
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