Zuflusszeitpunkt bei Arbeitslohn in Form von sonstigen Bezügen
KurzbesprechungEStG § 3 Nr. 63, § 4b, § 11 § 19 Abs, § 38, § 38a, § 41a, § 42d
Streitig war, wann und in welcher Höhe Beiträge des Arbeitgebers für eine Direktversicherung zugunsten des Arbeitnehmers zu steuerpflichtigem Arbeitslohn führen.
Im Rahmen einer bei der Steuerpflichtigen durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung gelangte das FA zu der Auffassung, dem Arbeitnehmer seien im Streitjahr 2011 Beiträge zu einer Direktversicherung in Höhe von insgesamt 8.880 € als Arbeitslohn zugeflossen, wovon ein Betrag in Höhe von 4.440 € steuerfrei sei. Der Restbetrag in derselben Höhe sei steuerpflichtig. Dagegen sah das FG den Gesamtbetrag als steuerfreien Arbeitslohn an.
Der BFH teilt diese Auffassung nicht, verwies den Streitfall jedoch an die Vorinstanz zurück, da das FG - von seinem Standpunkt aus zu Recht - nicht geprüft hatte, ob der angefochtene Lohnsteuer - Haftungsbescheid im Übrigen rechtmäßig ist.
Zum Arbeitslohn können auch Ausgaben gehören, die ein Arbeitgeber leistet, um einen Arbeitnehmer oder diesem nahestehende Personen für den Fall der Krankheit, des Unfalls, der Invalidität, des Alters oder des Todes abzusichern (sog. Zukunftssicherungsleistungen). Die Arbeitslohnqualität von Zukunftssicherungsleistungen, bei denen die Leistung des Arbeitgebers an einen Dritten (Versicherer) erfolgt, hängt davon ab, ob sich der Vorgang - wirtschaftlich betrachtet - so darstellt, als ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Mittel zur Verfügung gestellt und der Arbeitnehmer sie zum Zweck seiner Zukunftssicherung verwendet hat. Davon ist auszugehen, wenn dem Arbeitnehmer gegen die Versorgungseinrichtung, an die der Arbeitgeber die Beiträge geleistet hat, ein unentziehbarer Rechtsanspruch auf die Leistung zusteht.
Bejaht wird die Arbeitslohnqualität insbesondere bei Beitragsleistungen in den Fällen der Direktversicherung, bei der der Arbeitgeber gegenüber dem bezugsberechtigten Arbeitnehmer verpflichtet ist, die Beiträge für die Versorgung des Arbeitnehmers einzubehalten und an den Versicherer abzuführen. Entsprechend lagen im Streitfall Arbeitslohnzahlungen des Arbeitgebers vor, da er zugunsten des Arbeitnehmers eine betriebliche Direktversicherung (Rentenversicherung) zur Altersversorgung abgeschlossen hatte. Die Ansprüche aus der Direktversicherung standen unmittelbar dem Arbeitnehmer zu. Dieser erwarb aufgrund der Beitragszahlungen des Arbeitgebers unentziehbare Rechtsansprüche auf die Versicherungsleistungen.
Hinsichtlich des Zuflusszeitpunkts der Versicherungsbeiträge ist zu beachten, dass es sich um einen sonstigen Bezug (§ 38a Abs. 1 Satz 3 EStG) handelt. Arbeitslohn, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird (sonstiger Bezug), wird in dem Kalenderjahr bezogen, in dem er dem Arbeitnehmer zufließt (§ 11 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 38a Abs. 1 Satz 3 EStG). Zuflusszeitpunkt ist dabei der Tag der Erfüllung des Anspruchs des Arbeitnehmers.
Bei der Zuwendung von Arbeitslohn in Form von Beiträgen des Arbeitgebers an eine Direktversicherung zur betrieblichen Altersversorgung des Arbeitnehmers (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 EStG) erfüllt der Arbeitgeber den Anspruch des Arbeitnehmers in dem Zeitpunkt, in dem er den fraglichen Versicherungsbeitrag an die Versicherung leistet. Denn mit der Leistung des Versicherungsbeitrags stellt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Mittel zur Verfügung, durch die dem Arbeitnehmer ein unentziehbarer Anspruch gegen die Versicherung zugewendet wird.
Im Streitfall hatte der Arbeitgeber daher mit der Erteilung der Einzugsermächtigung in 2010 den Versicherungsbeitrag noch nicht geleistet. Dies geschah erst mit der Belastung des Bankkontos des Arbeitgebers in 2011. Dabei konnte der BFH dahinstehen lassen, ob die Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG erfüllt sind, da die Vorschrift auf den Zufluss von sonstigen Bezügen als Arbeitslohn nicht anwendbar ist.
BFH, Urteil vom 24.8.2017, VI R 58/15, veröffentlicht am 22.11.2017.