17.01.2024

Gegenstandswert in einem Verfahren gegen den Einsatz von Leiharbeitnehmern

Verfahren nach §§ 99 Abs. 4 und 101 BetrVG sind nach dem Hilfswert des § 23 Abs. 3 Satz 2, 2. HS RVG zu bewerten (vgl. Ziff. II.14.2.1 und 14.6 Streitwertkatalog 2018). Dabei ist bei einer Einstellung von bis zu drei Monaten 1/3 des Hilfswertes, von über drei Monaten bis zu sechs Monaten 2/3 des Hilfswertes und von über sechs Monaten der volle Hilfswert anzusetzen.

LAG München v. 12.12.2023, 3 Ta 220/23
Der Sachverhalt:
Die Beteiligten hatten über die Aufhebung einer personellen Maßnahme nach § 101 BetrVG in Form des Einsatzes von 14 Leiharbeitnehmern gestritten. Die Einstellungen erledigten sich durch Zeitablauf. Nach Erledigterklärung der Beteiligten hat das Arbeitsgericht das Verfahren eingestellt und den Gegenstandswert auf 8.500 € festgesetzt. Auf der Grundlage des § 23 Abs. 3 RVG hat es für den ersten im Antrag genannten Leiharbeitnehmer 2.000 € und für jeden weiteren der 13 Leiharbeitnehmer einen Wert von jeweils 25% des Ausgangswertes, d. h. jeweils 500 € berücksichtigt. Der Abschlag vom Hilfswert des § 23 Abs. 3 RVG rechtfertige sich aus der nur kurzen Dauer der Einstellung; insoweit seien 2.000 € angemessen. Durch die weiteren Leiharbeitnehmer erhöhe sich der Umfang und die Bedeutung der Rechtssache.

Die Arbeitgeberin war der Ansicht, bei der Bemessung des Gegenstandswertes eines Beschlussverfahrens nach § 101 BetrVG sei es angemessen, sich an der Wertermittlungsvorschrift des § 42 Abs. 2 S. 1 GKG zu orientieren. Maßgeblich sei der geschätzte Bruttoverdienst der Leiharbeitnehmer bzw. eine Schätzung des an den Verleiher gezahlten Entgelts. Im vorliegenden Fall ergebe sich deshalb ein Gegenstandswert von 287,60 €. Die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats waren der Auffassung, dass der Gegenstandswert nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG festzusetzen sei. Da es sich um parallel gelagerte Fälle mit im wesentlich gleichen Sachverhalt handele, sei ein Abschlag von 75% für die weiteren Leiharbeitnehmer je Person angemessen.

Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin hat das LAG den Gegenstandswert für das Verfahren auf 7.083,38 € festgesetzt.

Die Gründe:
Die Kammer gibt die von ihr bisher vertretene Auffassung ausdrücklich auf, dass die Entscheidung des Erstgerichts vom Beschwerdegericht nur auf Ermessensfehler zu überprüfen ist und das Beschwerdegericht keine eigene hiervon unabhängige Ermessensentscheidung zu treffen hat. Sie folgt im Interesse der bundesweiten Vereinheitlichung der Rechtsprechung zur Wertfestsetzung und damit verbunden im Interesse der Rechtssicherheit und -klarheit bei bestimmten typischen Fallkonstellationen den Vorschlägen der auf Ebene der Landesarbeitsgerichte eingerichteten Streitwertkommission, die im jeweils aktuellen Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichte niedergelegt sind, derzeit in der Fassung vom 9.2.2018 (im Folgenden: Streitwertkatalog 2018.

Danach sind Verfahren nach §§ 99 Abs. 4 und 101 BetrVG nach dem Hilfswert des § 23 Abs. 3 Satz 2, 2. HS RVG zu bewerten (vgl. Ziff. II.14.2.1 und 14.6 Streitwertkatalog 2018). Dabei ist bei einer Einstellung von bis zu drei Monaten 1/3 des Hilfswertes, von über drei Monaten bis zu sechs Monaten 2/3 des Hilfswertes und von über sechs Monaten der volle Hilfswert anzusetzen. Liegt ein Massenverfahren mit wesentlich gleichem Sachverhalt vor, wird die erste Einstellung mit dem zuvor ermittelten vollen Wert bewertet; die 2. bis 20. Einstellung mit 25 % , die 21. bis 50. Einstellung mit 12,5 % und alle weiteren Einstellungen mit 10 % dieses Wertes (vgl. Ziff. II.14.7 Streitwertkatalog). Nach diesen Bewertungsgrundsätzen war der Unterlassungsantrag im vorliegenden Fall mit 7.083,38 € zu bewerten.

Mehr zum Thema:

Kurzbeitrag:
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ArbRB 2023, 289

Rechtsprechung:
Anfechtung einer Betriebsratswahl - Aushang des Wahlausschreibens in allen Betriebsstätten - Vorschriften über das Wahlausschreiben als wesentliche Verfahrensvorschriften i.S.d. § 19 Abs. 1 BetrVG
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