18.08.2023

Kein Rechtsweg zu Gerichten für Arbeitssachen bei Berichtigung eines Weiterbildungszeugnisses

Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist bei Berichtigung eines Weiterbildungszeugnisses gemäß der Weiterbildungsordnung für Ärztinnen und Ärzte nicht gegeben, weil die Entscheidung über den Klageanspruch von Rechtssätzen des öffentlichen Rechts geprägt ist. Das Arbeitszeugnis gemäß § 109 GewO und das Zeugnis gemäß § 9 WBO unterscheiden sich in maßgeblichen Punkten.

Hessisches LAG 28.7.2023 - 3 Ta 29/23
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Arzt in Weiterbildung und in der Zeit vom 15.9. bis 31.12.2017 bei der beklagten Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie tätig gewesen. Erstmals mit Schreiben vom 30.6.2018 hat der Kläger die Beklagte "um Ausstellung eines wohlwollenden kombinierten Arbeits-Weiterbildungszeugnisses, nebst WB-Anlage zum Zeugnis" gebeten. Nach umfangreicher Korrespondenz hat die Beklagte dem Kläger schließlich mit Schreiben vom 25.2.2019 ein Zeugnis übermittelt, welches das Datum 31.12.2017 trägt. Anlagen nach der WBO waren dem Zeugnis nicht beigefügt. Es ist auf Wunsch des Klägers nochmals geändert und im August 2020 ohne die vom Kläger geforderten Anlagen gemäß § 9 WBO an ihn übersendet worden.

Weitere Änderungswünsche des Klägers sind nicht umgesetzt worden. Dem Kläger wurde mitgeteilt, dass die Anlage gem. § 9 WBO abzeichnen werde, sofern der Kläger die Nachweise für die dort bezeichneten Leistungen durch Vorlage der entsprechenden Teilnahmebescheinigungen erbringe. Ein separates Arbeitszeugnis hat die Beklagte nicht erteilt.

Das Arbeitsgericht hat entschieden, dass der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen nicht eröffnet sei und den Rechtsstreit an das zuständige Verwaltungsgericht Wiesbaden verwiesen. Das LAG hat die Entscheidung bestätigt und die sofortige Beschwerde des Klägers zurückgewiesen.

Die Gründe:
Zutreffend ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen unzulässig ist. Die Rechtswegzuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen ist insbesondere nicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 e ArbGG gegeben, weil es sich bei der Streitigkeit zwischen den Parteien nicht um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit, sondern um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit gem. § 40 Abs. 1 VwGO handelt, so dass der Rechtsstreit an das im Rechtsstreit zuständige VG Wiesbaden zu verweisen ist, §§ 40 Abs. 1, 52 Nr. 5 VwGO.

Zutreffend ist das Arbeitsgericht bei der Beurteilung, ob eine Streitigkeit bürgerlich-rechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Art ist, auf Basis der Rechtsprechung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von der Natur des Rechtsverhältnisses aus, aus dem der Klageanspruch abgeleitet wird. Der Charakter des zu Grunde liegenden Rechtsverhältnisses bemisst sich nach dem erkennbaren Ziel des Rechtsschutzantrags und des zu seiner Begründung vorgetragenen Sachverhalts. Entsprechend ist für die Rechtswegfrage maßgeblich, ob die gerichtliche Entscheidung über den Klageanspruch, d.h. über den geltend gemachten materiell-rechtlichen Anspruch, von Rechtssätzen des öffentlichen Rechts oder des bürgerlichem Rechts geprägt ist.

Dagegen ist nicht entscheidend, ob die klagende Partei sich auf eine zivilrechtliche oder öffentlich-rechtliche Anspruchsgrundlage beruft. Öffentlich-rechtlich ist das Rechtsverhältnis, wenn die das Rechtsverhältnis beherrschenden Rechtsnormen nicht für jedermann gelten, sondern Sonderrecht des Staates oder sonstiger Träger öffentlicher Aufgaben sind, das sich zumindest auf einer Seite nur an Hoheitsträger wendet. Öffentlich-rechtlicher Natur sind Rechtsnormen, die einen öffentlichen Verwaltungsträger als solchen berechtigen und verpflichten, ihn also zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben mit besonderen Befugnissen ausstatten oder besonderen Regeln unterwerfen. Infolgedessen ist der Zeugnisberichtigungsanspruch eines Arztes in Weiterbildung weder von vorherein öffentlich-rechtlicher noch bürgerlich-rechtlicher Natur.

Das Arbeitszeugnis gem. § 109 GewO und das Zeugnis gem. § 9 WBO unterscheiden sich in maßgeblichen Punkten. Grundlage der Erteilung eines Weiterbildungszeugnisses ist die von der Landesärztekammer als Körperschaft des öffentlichen Rechts erlassene Satzung (Weiterbildungsordnungen). Aus ihr ergeben sich Regelungen zum Berufsrecht. Im Übrigen verleiht die Landesärztekammer den zur Weiterbildung berechtigten Ärzten, unter den Voraussetzungen des § 5 WBO, die Befugnis zur Weiterbildung nach der WBO. Dabei agiert das zur Weiterbildung ermächtigte ärztliche Kammermitglied im Rahmen des Weiterbildungsverhältnisses zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben als Beliehener.

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