13.10.2025

Kein Verzicht auf Arbeitszeugnis vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann ein Arbeitnehmer nicht wirksam auf die Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses verzichten.

BAG v. 18.6.2025 - 2 AZR 96/24 (B)
Der Sachverhalt:
Neben einem Bestandsstreit war im vorliegenden Rechtsstreit über die Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses zu entscheiden. Die Arbeitsvertragsparteien machten hier von einer Rechtswahl Gebrauch und erklärten US-amerikanisches Recht, insbesondere das Recht des Bundesstaats Illinois, für anwendbar. Dieses sieht für Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses vor.

Das BAG hat entschieden, dass ein Arbeitnehmer vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht wirksam auf die Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses verzichten kann.

Die Gründe:
Trotz der vorgenommenen Rechtswahl besteht ein Anspruch auf Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses. Dieser ergibt sich vorliegend aus § 109 Abs. 1 GewO, bei dem es sich um eine international zwingende Norm i.S.v. Art. 30 Abs. 1 EGBGB a.F. handelt. Danach darf eine vereinbarte Rechtswahl dem Arbeitnehmer nicht den Schutz zwingenden deutschen Arbeitsrechts entziehen, wenn dieses nach den objektiven Anknüpfungen des Art. 30 Abs. 2 EGBGB a.F. ohne die Rechtswahl anzuwenden wäre.

Art. 30 Abs. 1 EGBGB a.F. hat gegenüber Art. 34 EGBGB a.F., der nur Eingriffsnormen regelt, eine eigenständige Bedeutung, weil die separate Regelung sonst überflüssig wäre. Für die Frage der dadurch zur Anwendung kommenden Vorschriften gilt ein im Vergleich zu Art. 34 EGBG a.F. abgesenkter Maßstab. "Zwingende Bestimmungen" i.S.v. Art. 30 Abs. 1 EGBGB a.F. sind deshalb alle Vorschriften, die vertraglich nicht abbedungen werden können und dem Schutz des Arbeitnehmers dienen (vgl. bereits BAG, Urt. v. 21.3.2017 - 7 AZR 207/15 Rz. 83, MDR 2017, 1371). Die Dispositivität einer Vorschrift richtet sich dabei nach dem nationalen Recht, das ohne Rechtswahl gelten würde.

Aufgrund der erheblichen Bedeutung, die das Arbeitszeugnis für das weitere berufliche Fortkommen von Arbeitnehmern hat, kann auf dieses jedenfalls vor der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses nicht wirksam verzichtet werden, da insoweit die Möglichkeit der Druckausübung seitens des Arbeitgebers besteht. Vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgeschlossene Vereinbarungen, die einen Zeugnisanspruch ausschließen, sind deshalb nach § 134 BGB nichtig.

Die Kündigungsfristenregelung des § 622 Abs. 2 BGB ist ebenfalls eine zwingende Bestimmung des Rechts iSv. Art. 30 Abs. 1 EGBGB aF.

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Link zum Volltext der Entscheidung

Kein Verzicht auf Arbeitszeugnis vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses
BAG vom 18.6.2025 - 2 AZR 96/24 (B)
Cornelia Marquardt, ArbRB 2025, 299

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