13.05.2025

Nachforderung von 160.000 € für Sozialversicherungsbeiträge: Dopingkontrolleure waren abhängig beschäftigt und keine freien Mitarbeiter

Wird im Rahmen einer Betriebsprüfung durch die gesetzliche Rentenversicherung festgestellt, dass als freie Mitarbeiter geführte Auftragnehmer tatsächlich abhängig beschäftigt waren, kann dies zu erheblichen Nachforderungen für Sozialversicherungsbeiträge führen. Hierbei kommt es insbesondere auf Kriterien wie Weisungsgebundenheit und das Bestehen eines Unternehmerrisikos bei den Auftragnehmern an. So hat das LSG Baden-Württemberg kürzlich entschieden, dass Auftragnehmer eines Dopingkontrollunternehmens abhängig und damit sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren, da ihre Tätigkeit inhaltlich und zeitlich maßgeblich durch die Vorgaben ihres Auftraggebers bestimmt wurde.

LSG Baden-Württemberg v. 18.3.2025 - L 13 BA 3631/22
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist ein Unternehmen, das für nationale Anti-Doping Organisationen, internationale und nationale Sportverbände sowie Sportveranstalter Dopingkontrollen - Trainings- und Wettkampfkontrollen durch Blut- und Urinproben - im Leistungssport durchführt. Hierzu bedient sie sich neben fest angestellten Mitarbeitern auch freier Mitarbeiter, mit denen sie einen Rahmenvertrag geschlossen hat und denen sie Einzelaufträge erteilt. Die Beklagte, ein Rentenversicherungsträger, führte bei der Klägerin 2015 eine Betriebsprüfung für den Zeitraum 2011 bis 2014 durch. Hierbei kam sie zu dem Ergebnis, dass die fast 100 als freie Mitarbeiter geführten Dopingkontrolleure abhängig beschäftigt waren und forderte Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung in Höhe von knapp 160.000 € nach.

Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren wandte sich die Klägerin 2018 an das SG und war dort im Dezember 2022 zunächst erfolgreich. In zweiter Instanz hat das LSG nun die Beitragsnachforderung der Beklagten bestätigt.

Die Gründe:
Maßgebend für das Vorliegen von abhängiger Beschäftigung ist, dass die Dopingkontrolleure einem der Klägerin zuzurechnenden Weisungsrecht unterlagen und in einer ihre Tätigkeit prägenden Weise in deren Betriebsablauf eingegliedert waren. Weisungsgebunden arbeitet, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Zwar haben die Dopingkontrolleure keinen konkreten Einzelweisungen der Klägerin unterlegen. Jedoch war die konkrete Tätigkeit sowohl in zeitlicher als auch in inhaltlicher Hinsicht durch die Vorgaben der Klägerin bzw. deren Auftraggeber geprägt. In zeitlicher Hinsicht waren die Kontrolleure durch den Rahmenvertrag verpflichtet, angenommene Aufträge entsprechend den Vereinbarungen zum Zeitpunkt der Dopingkontrolle wahrzunehmen. Diese sind bei Wettkampfkontrollen durch den Zeitpunkt des Wettkampfes bestimmt, im Fall von Trainingskontrollen durch den von den Dopingagenturen vorgegebenen Zeitraum der Kontrollen. Die inhaltlichen Anforderungen an die Kontrollen wurden maßgeblich durch die Regularien der Dopingagenturen bestimmt, die die Kontrolleure nach dem Rahmenvertrag "streng" zu beachten hatten.

Die Tätigkeit war auch in die betriebliche Organisation der Klägerin eingebettet. Die Zuweisung einer bei einem Athleten durchzuführenden Dopingkontrolle i.S. einer Anbahnung des Erstkontakts ist über die Klägerin erfolgt. Die Kontrolleure sind gegenüber den Athleten nicht als verantwortliche Stelle, sondern als ausführendes Organ der Dopingagenturen bzw. der Klägerin aufgetreten. Da sie schließlich auch auf die von der Klägerin beschafften Test-Kits zurückgegriffen haben, haben sich die Dopingkontrolleure der infrastrukturellen Gegebenheiten der Klägerin bedient. Dass hierbei keine Dienstpläne o.ä. erstellt wurden, die Kontrolleure jeweils nur auf Abruf tätig geworden sind und die Tätigkeit nicht am Betriebssitz der Klägerin ausgeübt werden musste, tritt demgegenüber in den Hintergrund. Ein maßgebliches, eine selbstständige Tätigkeit prägendes unternehmerisches Risiko der Dopingkontrolleure kann demgegenüber nicht festgestellt werden. Für die Kontrolleure hat zwar das Risiko bestanden, bei nicht erfolgreichen Kontrollversuchen nur ein reduziertes Honorar zu erhalten, auch haben sie Hilfsmaterialien auf eigene Kosten erwerben und entsorgen müssen. Sie haben jedoch ein pauschales Honorar pro durchgeführter Kontrolle erhalten, dies auch unabhängig davon, welche Qualität die von ihnen durchgeführten Kontrollen hatten.

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