01.08.2023

Notdienstregelung im Rahmen von Streikmaßnahmen bei der Technikgesellschaft des Universitätsklinikums Heidelberg

Das LAG Baden-Württemberg hat der Berufung von ver.di im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes über eine Notdienstregelung für einen von der Gewerkschaft für insgesamt sechs Tage im Juli 2023 angekündigten Streik teilweise stattgegeben. Der Notdienst kann danach auf ein Mindestmaß beschränkt werden.

LAG Baden-Württemberg v. 18.7.2023 - 4 SaGa 3/23
Der Sachverhalt:
Bei der klagenden Arbeitgeberin handelt es sich um eine 100-prozentige Tochtergesellschaft des Universitätsklinikums Heidelberg (nachfolgend: UKHD). Sie beschäftigt ca. 150 eigene und ca. 100 vom UKHD und Land Baden-Württemberg gestellte Arbeitnehmer. Sie ist nicht tarifgebunden, weshalb die Arbeitsbedingungen ihrer Arbeitnehmer im Gegensatz zu den gestellten Arbeitnehmern nicht tariflich geregelt sind.

Die Arbeitgeberin erbringt für das UKHD technische Dienstleistungen. Zu diesen gehört unter anderem die Behebung von Störungen des Automatischen Warentransports (nachfolgend: AWT-Anlage). Mit der AWT-Anlage werden verschiedene Kliniken des UKHD unterirdisch mit Waren wie Medikamenten, Verbrauchs- und Hygienematerialien sowie Patienten- und Personalverpflegung versorgt.

Am 3.7.2023 hat die Gewerkschaft Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (nachfolgend: ver.di) zu Streikmaßnahmen am 12.7.2023 und vom 18. bis zum 21.7.2023 sowie am 28.7.2023 aufgerufen. Ziel des Warnstreiks ist die Aufnahme von Tarifverhandlungen zum Abschluss eines Tarifvertrags mit der nicht tarifgebundenen Arbeitgeberin. In der einseitigen Notdiensterklärung vom 23.6.2023 hat ver.di die an der AWT-Anlage beschäftigten Arbeitnehmer vom Notdienst mit der Begründung ausgenommen, ein solcher sei zur Vermeidung von Schäden an der Anlage nicht erforderlich.

Hiergegen richtet sich der Antrag der Arbeitgeberin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, dem das ArbG stattgegeben und die beklagte Gewerkschaft verpflichtet hat, an den Streiktagen die Einrichtung eines Notdienstes im automatischen Warentransport mit einer Besetzung von zwei fachlich geeigneten Personen im Früh- und im Spätdienst zu dulden und hiergegen gerichtete Streikmaßnahmen zu unterlassen sowie an der Sicherstellung der Notdienstbesetzung mitzuwirken. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass Störungen an der AWT-Anlage das Patientenwohl gefährden könnten, weshalb eine streikbeschränkende Maßnahme in Form einer gerichtlich angeordneten Notbesetzungsregelung geboten sei.

Hiergegen wendet sich ver.di mit der Berufung. Eine gerichtliche Notbesetzungsregelung sei nicht erforderlich. Der Warentransport könne bei Ausfall der AWT-Anlage durch andere zumutbare Maßnahmen und mit dem Einsatz von LKWs sichergestellt werden. Dies sei zudem Aufgabe des UKHD als Anlagenbetreiber und nicht der klagenden Arbeitgeberin als Dienstleisterin.

Der Berufung von ver.di hat das LAG teilweise stattgegeben. Ein Rechtsmittel gegen das Urteil des LAG ist nicht gegeben.

Die Gründe:
Zwar ist festzustellen, dass ver.di grundsätzlich verpflichtet ist, den Notdienst für die AWT-Anlage zu dulden und hiergegen gerichtete Arbeitskampfmaßnahmen zu unterlassen. Der Notdienst ist allerdings auf das notwendige Mindestmaß und damit auf die Zeit von 7:00 bis 17:00 Uhr und auf die Besetzung mit einem fachkundigen Arbeitnehmer und einem weiteren Arbeitnehmer zu beschränken.

Mehr zum Thema:

Aufsatz:
Der Notdienst bei Streiks - Voraussetzungen, Umfang und Rechtsschutz
Michael H. Korinth, ArbRB 2022, 54

Aufsatz:
Gemeinwohlschranken des Arbeitskampfs und des Tarifvertrags
Gregor Thüsing / Dr. Lena Bleckmann / Yannick Peisker, ZFA 2023, 60

Aufsatz:
Basiswissen Warnstreik
Christian Moderegger, ArbRB 2023, 25

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LAG Baden-Württemberg PM vom 18.7.2023
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