06.10.2023

Zur Pflicht eines Rechtsanwalts ohne Syndikuszulassung zur Nutzung des Anwalts-beA bei Tätigkeit für einen Verband

Eine aktive Nutzungspflicht für die DGB Rechtsschutz GmbH als prozessbevollmächtigtem Verband nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5, Satz 3 ArbGG besteht erst ab dem 1.1.2026. Auch der handelnde Rechtssekretär ist dazu nicht verpflichtet. Diejenigen Mitarbeiter des Verbands, die nicht über die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt verfügen, trifft (noch) keine Nutzungspflicht des ERV. Auch die unabhängig von seinem Arbeitsverhältnis bestehende Zulassung zur Rechtsanwaltschaft führt zu keiner solchen Verpflichtung.

BAG v. 21.9.2023 - 10 AZR 512/20
Der Sachverhalt:
Die Parteien streiten über tarifliche Nachtarbeitszuschläge. Mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 10.8.2023 hat der Kläger die Revision zurückgenommen. Der Schriftsatz ist vorab per Fax und später im Original eingegangen.

Eine Einreichung unter Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs (ERV) ist nicht erfolgt. Der Unterzeichner des Schriftsatzes, Rechtssekretär B, ist nicht im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses mit der DGB Rechtsschutz GmbH für seinen Arbeitgeber nach § 46 ff. BRAO als Syndikusrechtsanwalt zugelassen. Er ist aber nach den allgemeinen Bestimmungen der BRAO unabhängig von diesem Arbeitsverhältnis als Rechtsanwalt zugelassen und verfügt insoweit über ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach (beA).

Der Kläger vertritt die Auffassung, dass mit dem im Original eingereichten Schriftsatz eine wirksame Rücknahme der Revision erfolgt sei. Einer Nutzung des ERV habe es nicht bedurft, da die DGB Rechtsschutz GmbH selbst erst ab dem 1.1.2026 zur aktiven Nutzung des ERV verpflichtet sei und Rechtssekretäre der DGB Rechtsschutz GmbH, die in Nebentätigkeit als Rechtsanwälte zugelassen seien, ihr anwaltliches beA nicht nutzen müssten.

Das BAG hat sich dieser Auffassung angeschlossen.

Die Gründe:
Die Rücknahme der Revision des Klägers ist wirksam erfolgt. Der für die prozessvertretende DGB Rechtsschutz GmbH handelnde Rechtssekretär konnte die Revision formwirksam ohne Nutzung des ERV zurücknehmen. Er war weder als Syndikusrechtsanwalt zugelassen und in entsprechender Funktion für die DGB Rechtsschutz GmbH tätig noch war er durch diese mandatiert, um im Rahmen seiner Anwaltstätigkeit gegenüber dem Gericht tätig zu werden.

Weder die DGB Rechtsschutz GmbH als Prozessbevollmächtigte noch der im konkreten Fall handelnde Rechtssekretär waren verpflichtet, die Revisionsrücknahme unter Nutzung des ERV einzureichen.

Eine aktive Nutzungspflicht für die DGB Rechtsschutz GmbH als prozessbevollmächtigtem Verband nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5, Satz 3 ArbGG besteht erst ab dem 1.1.2026.

Auch der handelnde Rechtssekretär war dazu nicht verpflichtet. Über eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt verfügte er bei Vornahme der Prozesshandlung nicht; die unabhängig von seinem Arbeitsverhältnis bestehende Zulassung zur Rechtsanwaltschaft führt zu keiner solchen Verpflichtung. Diejenigen Mitarbeiter des Verbands, die nicht über die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt verfügen, trifft (noch) keine Nutzungspflicht des ERV.

Allerdings ist ein Syndikusrechtsanwalt, der für einen Verband nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 und Nr. 5, Satz 3 ArbGG erlaubte Rechtsdienstleistungen gegenüber den Verbandsmitgliedern erbringt (§ 46 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BRAO), nach § 46g Satz 1 ArbGG zur aktiven Nutzung des ERV nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, wenn er gegenüber einem Gericht tätig wird und beispielsweise ein Rechtsmittel einlegt.

Mehr zum Thema:

Rechtsprechung:
Elektronischer Rechtsverkehr/Prozessrecht Elektronischer Rechtsverkehr Nutzungspflicht Verbandssyndikusrechtsanwalt
BAG vom 23.5.2023 - 10 AZB 18/22
 

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