30.08.2022

Klage gegen die Bewertung einer notariellen Fachprüfung

Sollen Prüfungsleistungen eines Kandidaten (hier: notarielle Fachprüfung) einer erneuten Bewertung unterzogen werden, sind die Gründe eines rechtskräftigen prüfungsrechtlichen Bescheidungsurteils dafür maßgeblich, in welchem Umfang die Prüfungsbehörde eine Neubewertung zu veranlassen hat und welche Rechtsauffassung dabei zugrunde zu legen ist. Die Beibehaltung einer Note trotz Rücknahme eines Korrekturmangels ist als solches nicht zu beanstanden.

BGH v. 11.7.2022 - NotZ(Brfg) 3/22
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte an der Prüfungskampagne 2018/I der von dem Beklagten durchgeführten notariellen Fachprüfung teilgenommen. Im September 2018 wurde ihr mitgeteilt, sie habe die notarielle Fachprüfung mit der Prüfungsgesamtnote "ausreichend" (6,05 Punkte) bestanden. Die jetzt allein noch im Streit befindliche Klausur F 20-95, die erbrechtliche Fragestellungen zum Gegenstand hatte, wurde mit 6,00 Punkten bewertet, wobei der Erstkorrektor 7 Punkte ("befriedigend") und der Zweitkorrektor 5 Punkte ("ausreichend") vergaben.

Den Widerspruch der Klägerin, der sich gegen die (End-)Bewertungen sämtlicher Aufsichtsarbeiten sowie des Vortrags in der mündlichen Prüfung gerichtet hatte, wies der Beklagte zurück. Die dagegen erhobene Klage war teilweise erfolgreich. Mit (rechtskräftigem) Urteil aus Juni 2020 hob das KG den Prüfungsbescheid aus September 2018 auf und verurteilte den Beklagten unter Klageabweisung im Übrigen, die Klägerin nach Neubewertung der Klausur F 20-95 neu zu bescheiden. Der Erstkorrektor blieb bei der Bewertung mit 7 Punkten, während der Zweitkorrektor "bei äußerst wohlwollender Abwägung unter Hintanstellung größter Bedenken" seine Bewertung auch auf diese Punktzahl anhob. Der Beklagte teilte der Klägerin sodann mit, sie habe die notarielle Fachprüfung mit "ausreichend" (6,24 Punkte) bestanden.

Das KG hat die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen und die Berufung nicht zugelassen. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung wurde vom BGH zurückgewiesen.

Gründe:
Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 111d Satz 2 BNotO) lag nicht vor. Das KG hat Bewertungsfehler der Prüfer zutreffend verneint und die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufhebung des Prüfungsbescheids aus September 2020 und Neubewertung der Klausur.

Die Beibehaltung einer Note trotz Rücknahme eines Korrekturmangels ist als solches nicht zu beanstanden. Sollen Prüfungsleistungen eines Kandidaten einer erneuten Bewertung unterzogen werden, sind die Gründe eines rechtskräftigen prüfungsrechtlichen Bescheidungsurteils dafür maßgeblich, in welchem Umfang die Prüfungsbehörde eine Neubewertung zu veranlassen hat und welche Rechtsauffassung dabei zugrunde zu legen ist. Im vorliegenden Fall hat das KG ausdrücklich festgestellt, dass die Kritik der Prüfer nur hinsichtlich einzelner Aufgaben und auch nur teilweise - in wenigen Punkten - unberechtigt war.

Zwar bezieht sich der streitgegenständliche Neubescheidungsantrag - im Gegensatz zum ersten Klageverfahren - (nur) auf die behauptete Fehlerhaftigkeit der erneuten Begutachtung der Klausur. Diese (weitere) Neubescheidung hatte jedoch die Rechtsauffassung in dem Urteil aus Juni 2020 zu beachten. An diese rechtliche Bewertung war das KG in dem zweiten Klageverfahren gebunden.

Die Beibehaltung einer Note trotz Rücknahme eines Korrekturmangels ist als solches nicht zu beanstanden. Es ist Prüfern grundsätzlich nicht verwehrt, nach Auseinandersetzung mit den Einwendungen eines Prüflings gegen die Bewertung seiner Prüfungsleistung unter Vermeidung früherer Begründungs-mängel anzugeben, dass und aus welchen Gründen sie ihre bei der ersten Bewertung einer Arbeit vergebene Note auch bei selbstkritischer Würdigung nach wie vor für zutreffend halten. Diese Maßgaben wurden in dem angefochtenen Urteil beachtet. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Prüfer die Beanstandung einzelner Kritikpunkte bei den Aufgaben zum Anlass genommen haben, ihre prüfungsspezifischen Bewertungskriterien und somit ihr Bewertungssystem insgesamt zu ändern.

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