02.03.2015

Durchschnittssatzbesteuerung kann auch bei landwirtschaftlichen Dienstleistungen an fremde Betriebe gelten

Die Durchschnittssatzbesteuerung für Landwirte gem. § 24 UStG gilt auch für Dienstleistungen, die in Form von Bodenbearbeitung, Anpflanzen und Ernten in einem fremden Betrieb durchgeführt wurden. Der § 24 UStG ist nach ständiger BFH-Rechtsprechung (zuletzt Urt. v. 10.9.2014, Az.: XI R 33/13) unionsrechtskonform auszulegen.

FG Münster 20.1.2015, 15 K 2845/13 U
Der Sachverhalt:
Der Kläger betrieb im Streitjahr 2011 einen landwirtschaftlichen Gemüsebau, dessen Anbaufläche zunächst 40 ha betrug und bis 2011 auf ca. 30 ha reduziert wurde. Ab dem Wirtschaftsjahr 2009/2010 führte der Kläger an die Firma G-GmbH, mit der er nicht organschaftlich verbunden war, Dienstleistungen gegen Entgelt aus, nämlich die Bodenbearbeitung, das Pflanzen von Salatpflanzen, den Pflanzenschutz und die Ernte auf dazu dem Kläger von der G-GmbH zugewiesenen Grundstücken. Dafür setzte der Kläger von ihm beschäftigte Arbeitskräfte und von ihm gestellte landwirtschaftliche Geräte ein.

Laut der Bilanz im Wirtschaftsjahr 2007/2008 betrug das Verhältnis des vom Kläger verausgabten Arbeitslohnes zu seinen Umsätzen aus landwirtschaftlicher Urproduktion ca. 22,25 %; im Wirtschaftsjahr 2010/2011 waren es 35 %. Der Kläger unterwarf seine gesamten Umsätze (Urproduktion und Dienstleistungen) der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG. Davon abweichend nahm das Finanzamt an, die Umsätze an die G-GmbH unterlägen der Regelbesteuerung. Der Kläger habe an sie keine Umsätze im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebs i.S.v. § 24 UStG ausgeführt.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Die Umsätze des Klägers im Hinblick auf die G-GmbH unterlagen nicht der Regelbesteuerung. Mit seinen Dienstleistungen an die GmbH führte der Kläger vielmehr der Durchschnittssatzbesteuerung i.S.d. § 24 Abs. 1 UStG unterliegende Umsätze aus, für die weder Steuer noch Vorsteuer zu berücksichtigen waren.

Der § 24 UStG ist nach ständiger BFH-Rechtsprechung (zuletzt Urt. v. 10.9.2014, Az.: XI R 33/13) unionsrechtskonform auszulegen. Er beruht auf Art. 25 der Richtlinie 77/388/EWG (seit dem 1.1.2007 Art. 295 ff der MwStSystRL). Der deutsche Gesetzgeber hat die Vorgaben beider Richtlinien aber nicht vollständig, sondern lediglich dadurch "umgesetzt", dass er die im Zeitpunkt der Verabschiedung der Richtlinie 77/388/EWG bestehenden nationalen Regelungen weitestgehend fortführte. Die unionsrechtliche Pauschalregelung für landwirtschaftliche Erzeugnisse und Dienstleistungen gilt nur für die in Art. 295 Abs.1 Nr. 5 der MwStSystRL i.V.m. den in den Anhängen VII und VIII der MwStSystRL definierten Lieferungen und sonstigen Leistungen (EuGH-Urteil v. 8.3.2012, Rs.: C-524/10). Die Umsätze des die Pauschalierung in Anspruch nehmenden Landwirtes unterliegen der allgemeinen Besteuerung, sofern auf die Umsätze nicht die Regelungen der Art. 295 ff der MwStSystRL anwendbar sind. Die im Unionsrecht in den Art. 295 ff einschließlich der Anhänge VII und VIII der MwStSystRL verwendeten Begriffe sind autonom und einheitlich auszulegen.

Das Ziel und der Zweck der Sonderregelung des Art. 25 der Richtlinie 77/388/EWG bestehen darin, die Belastung durch die Steuer auf die von den Landwirten bezogenen Gegenstände und Dienstleistungen dadurch auszugleichen, das den landwirtschaftlichen Erzeugern, die ihre Tätigkeit im Rahmen eines land-, forst- oder fischereiwirtschaftlichen Betriebs ausüben, ein Pauschalausgleich gezahlt wird, wenn sie landwirtschaftliche Erzeugnisse liefern oder landwirtschaftliche Dienstleistungen erbringen. Dementsprechend hat der BFH etwa die Verpachtung eines Eigenjagdbezirks durch eine Kommune ebenso wie die Abholung und Entsorgung von Speiseabfällen aus Restaurants und Großküchen bzw. die Zurverfügungstellung eines Grundstücks durch einen Landwirt für ökologische Ausgleichmaßnahmen nicht als eine der Regelung des § 24 UStG unterfallende landwirtschaftliche Dienstleistung angesehen.

Mit seinen entgeltlich an die GmbH ausgeführten Dienstleistungen erbrachte der Kläger jedoch der unionsrechtlichen Pauschalierungsregelung unterliegende landwirtschaftliche Dienstleistungen. Er setzte seine für die Erfüllung landwirtschaftlicher Tätigkeiten beschäftigten Arbeitskräfte und die von ihm für seinen landwirtschaftlichen Betrieb vorgehaltene Ausrüstung für Tätigkeiten der landwirtschaftlichen Erzeugung i.S.d. Ziffer 1b des Anhangs VII der MwStSystRL ein. Nach Ziffer 1b des Anhangs VII zu Art. 295 der MwStSystRL umfasst die Tätigkeit der landwirtschaftlichen Erzeugung u.a. den Gemüsebau. Die an die GmbH erbrachten Tätigkeiten waren zudem landwirtschaftliche Erzeugertätigkeiten i.S.d. Ziffer 1 des Anhangs VIII zu Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 der MwStSystRL, der u.a. den Anbau und Erntearbeiten einschließlich Säen und Pflanzen umfasst. Somit übte der Kläger Dienstleistungen aus, die i.S.d. Unionsrechts zur landwirtschaftlichen Erzeugung beitrugen.

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