31.10.2025

"Likör ohne Ei" darf auch so genannt werden

Zwar ist davon auszugehen, dass dem Verbraucher mit der Bezeichnung "Likör ohne Ei" vermittelt werden soll, das Produkt schmecke ähnlich wie ein "Likör mit Ei", also ein traditioneller "Eierlikör". Es soll aber gerade nicht der Eindruck erweckt werden, es handele sich um einen Eierlikör, dessen wesentliche Zutat eben Eier sind.

LG Kiel v. 28.10.2025 - 15 O 28/24
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist in die Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände nach § 8b UWG eingetragen. Die Beklagte produziert und vertreibt seit 2019 verschiedene Spirituosen, u.a. einen veganen "Likör ohne Ei" und einen Eierlikör, der den Anforderungen der Spirituosen-Grundverordnung" oder "VO (EU) 2019/787" entspricht. Der Vertrieb erfolgt über ihren Onlineshop, über den Lebensmitteleinzelhandel und über von Dritten betriebene Onlineshops.

Die Beklagte warb mit Slogans wie "Der vegane Eierlikör ist der Hammer ...!" oder "Kaum von regulärem Eierlikör zu unterscheiden." Der Kläger forderte die Beklagte nach einem Testkauf am 4.6.2024 auf, zur Ausräumung der Wiederholungsgefahr eine strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abzugeben. Die Beklagte verwende den geschützten Begriff "Eierlikör", was den Tatbestand des Art. 10 Abs. 7 VO (EU) 2019/787 erfülle. Auf den Kontext, in dem die Bezeichnung verwendet werde, komme es nicht an, und auch nicht darauf, ob die Verwendung zu einer Fehlvorstellung auf Verbraucherseite führe.

Die Beklagte gab eine solche, allerdings in modifizierter Form, ab. Der Kläger akzeptierte die Erklärung, machte aber geltend, die vorgelegte Unterlassungserklärung sei nicht ausreichend, da hinsichtlich der Begriffe "Likör ohne Ei", "Likör ohne Eier" sowie "Alternative zu Eierlikör" und für die grafische Ausgestaltung der Flaschenetiketten mit Hahn- bzw. Hühnerabbildung keine Unterlassungserklärung abgegeben worden sei. Auf Internetseiten fand sich weiterhin die Bezeichnung "Eierlikör".

Das LG gab der Klage auf Zahlung einer Vertragsstrafe i.H.v. 5.000 € statt und wies den Unterlassungsanspruch zurück.

Die Gründe:
Ein Unterlassungsanspruch nach §§ 8, 3a UWG besteht nicht, da die Beklagte nicht gegen die Vorgaben der Verordnung (EU) Nr. 2019/787, die in Art. 10 Abs. 7 eine Marktverhaltensregel zum Schutz der Verbraucher i.S.v. § 3a UWG enthält, verstoßen hat oder bereits eine strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abgegeben hat.

Zwar erfüllt das von der Beklagten hergestellte vegane Getränk nicht die Anforderungen an "Eierlikör" nach Anhang I Ziffer 39 der Verordnung. Da sie es jedoch "Likör ohne Ei" und nicht "Eierlikör" nennt, verwendet sie die rechtlich vorgeschriebene Bezeichnung nicht, auch nicht in Verbindung mit Wörtern wie "Art", "Typ", "à la", "Fasson", "Stil", "Marke", "-geschmack" oder anderen ähnlichen Begriffen. Es liegt zudem keine unzulässige Anspielung auf die rechtlich vorgeschriebene Bezeichnung vor.

Allerdings folgt daraus, dass Art. 12 der Verordnung regelt, wann eine Anspielung ausnahmsweise zulässig ist, dass solche Anspielungen grundsätzlich verboten sind, auch wenn sie in Art. 10 Abs. 7 der Verordnung (EU) Nr. 2019/787 nicht ausdrücklich erwähnt sind. Um eine Anspielung handelt es sich bei der Bezeichnung "Likör ohne Ei" indes nicht. Das Ansehen der traditionellen Spirituosenherstellung wird dadurch, dass Alternativen auf den Markt gelangen, nicht beeinträchtigt. Die Nachfrage nach modernen Alternativen zu traditionellen Getränken, etwa in veganer oder alkoholfreier Form, ist auf dem Markt vorhanden. Die Verordnung soll die Hersteller traditioneller Spirituosen nicht vor der Konkurrenz durch solche Alternativen schützen, sondern lediglich den Verbraucher vor einer Irreführung bezüglich dieser Produkte.

Infolgedessen liegt in der Bezeichnung "Likör ohne Ei" keine unzulässige Anspielung auf die geschützte Bezeichnung "Eierlikör". Zwar ist davon auszugehen, dass dem Verbraucher mit der Bezeichnung "Likör ohne Ei" vermittelt werden soll, das Produkt schmecke ähnlich wie ein "Likör mit Ei", also ein traditioneller "Eierlikör". Es soll aber gerade nicht der Eindruck erweckt werden, es handele sich um einen Eierlikör, dessen wesentliche Zutat eben Eier sind. Der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige europäische Durchschnittsverbraucher erkennt in dieser Bezeichnung, gerade auch wegen des vorangestellten und auf dem Flaschenetikett an mehreren Stellen vermerkten Zusatzes "vegan", die beabsichtigte Abgrenzung zu dem geschützten Spirituosenbegriff.

Soweit der Kläger eine Vertragsstrafe i.H.v. 5.000 € geltend gemacht hatte, war die Klage begründet. Denn die Beklagte hat gegen die übernommene Unterlassungsverpflichtung verstoßen. Schließlich hatte sie sich dazu verpflichtet, die zu unterlassenden Auslobungen "Eierlikör ohne Eier" sowie "veganer Eierlikör" von der von ihr betriebenen Internetseite zu entfernen, was jedoch nicht geschehen ist.

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