01.12.2025

Verbraucherrecht bei "Click and Collect"

Gibt ein Verbraucher an der fraglichen Stelle der Homepage eine Erklärung des Inhalts "jetzt reservieren" ab, liegt darin nach dem maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont keine auf den Abschluss eines Kaufvertrages - als dem einzigen denkbaren Vertragstyp, der vorliegend zu einer Zahlung verpflichten könnte - gerichtete Willenserklärung. Eine irritierende Regelung, deren Zweck unverständlich ist, ist nicht i.S.d. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB "klar und verständlich."

OLG Stuttgart v. 25.11.2025 - 6 UKl 1/25
Der Sachverhalt:
Die Beklagte bietet Verbrauchern im Internet unter "www.mueller.de" nach Auswahl eines Produkts die Wahl unter einer "Lieferung nach Hause" und einer "Lieferung in die Filiale". Entscheidet sich der Verbraucher für die Lieferung in die Filiale, erscheint am Ende des Auswahlvorganges eine klickbare Schaltfläche mit der Aufschrift "JETZT RESERVIEREN", ein sog. "Click and Collect".

Der Kläger ist ein Verbraucherschutzverein. Er war der Ansicht, die bei der Lieferung in die Filiale zu klickende Schaltfläche müsse statt der Worte "JETZT RESERVIEREN" die Aufschrift "zahlungspflichtig bestellen" oder eine ähnliche Formulierung enthalten. Außerdem dürfe die Beklagte in ihren AGB gegenüber Verbrauchern weitere Klauseln, wie etwa "Ein Kaufvertrag kommt nur zustande, wenn Sie die Artikel in der Filiale entgegennehmen und bezahlen", nicht verwenden. Bezüglich der Klausel "Für Lieferungen in die Filiale steht Ihnen kein gesetzliches Widerrufsrecht zu" meinte der Kläger, er habe einen Unterlassungsanspruch nach § 1 UKlaG i.V.m. § 307 Abs. 3 S. 1 BGB. Denn gem. §§ 312c, 312g Abs. 1, 355 BGB stehe Verbrauchern bei einem Fernabsatzvertrag zwingend ein Widerrufsrecht zu.

Das OLG hat der Klage teilweise stattgegeben.

Die Gründe:
Die Beklagte ist nicht verpflichtet, statt "JETZT RESERVIEREN" die Formulierung "zahlungspflichtig bestellen" oder eine ähnliche Formulierung zu verwenden. Ein darauf gerichteter Anspruch des Klägers besteht weder nach § 2 UKlaG i.V.m. § 312j Abs. 3 BGB, noch unter dem Gesichtspunkt der Irreführung aus Vorschriften des UWG.

Gibt ein Verbraucher an der fraglichen Stelle der Homepage eine Erklärung des Inhalts "jetzt reservieren" ab, liegt darin nach dem maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont keine auf den Abschluss eines Kaufvertrages - als dem einzigen denkbaren Vertragstyp, der vorliegend zu einer Zahlung verpflichten könnte - gerichtete Willenserklärung. Der Verbraucher will damit lediglich die Verfügbarkeit in der Filiale herbeiführen, dagegen will er keine Zahlungsverpflichtung eingehen. Damit kommt ein Vertrag mit Zahlungspflichten nicht zustande, ohne dass es darauf ankäme, was die Beklagte in ihren AGB regelt.

Die Klage war begründet, soweit der Kläger die Unterlassung der Verwendung der oben genannten Klausel "JETZT RESERVIEREN" i.V.m. der Klausel "Ein Kaufvertrag kommt nur zustande, wenn Sie die Artikel in der Filiale entgegennehmen und bezahlen" gefordert hatte. Ob die Klauselkombination auch infolge einer Abweichung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam sein könnte, konnte offenbleiben. Gem. §§ 145 ff. BGB kommt ein Vertrag durch zwei aufeinander bezogene Willenserklärungen, Angebot und Annahme, zustande. Auf diese Vertragsschlussmechanik nimmt die Beklagte in Teil 2, 2. Nr. 5 ihrer AGB terminologisch erkennbar Bezug, wenn sie aus dem Klick des Verbrauchers auf die Schaltfläche "JETZT RESERVIEREN" ein "Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrages" konstruiert. Damit wäre zu erwarten, dass die Modalitäten einer damit korrespondierenden "Annahme" seitens der Beklagten geregelt würden. Eine solche Regelung findet sich jedoch weder in der erwartbaren Terminologie ("Annahme"), noch sonst. Stattdessen findet sich zum weiteren Ablauf des Vertragsschlusses die Klausel, wonach "ein Kaufvertrag nur zustande" komme, "wenn Sie die Artikel in der Filiale entgegennehmen und bezahlen".

Dass ein Vertrag erst in der Filiale durch Entgegennahme und Bezahlung zustande komme, ist jedoch im Hinblick auf die vorherige Klausel über die bereits erfolgte Abgabe eines Angebots jedenfalls irritierend. Und eine irritierende Regelung, deren Zweck unverständlich ist, ist nicht i.S.d. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB "klar und verständlich." Die - für sich genommen unproblematische - Klausel in Teil 2, 2. Nr. 7 der AGB der Beklagten ist daher in Kombination mit der Klausel in Nr. 5 gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam.

Die Klage war wiederum unbegründet, soweit der Kläger die Unterlassung der Klausel "Für Lieferungen in die Filiale steht Ihnen kein gesetzliches Widerrufsrecht zu" begehrt hatte. Schließlich lag kein Fernabsatzvertrag vor. Das würde gem. § 312c BGB voraussetzen, dass Unternehmer bzw. in dessen Namen oder dessen Auftrag handelnde Personen einerseits und Verbraucher andererseits für Vertragsverhandlungen und Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwenden würden. Das ist allerdings nicht der Fall;

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