15.12.2025

Verstoß gegen Wettbewerbsrecht durch vorausgewählten kostenpflichtigen "Käuferschutz"

§ 312a Abs. 3 BGB erfasst auch Fallgestaltungen, in denen der Unternehmer auf der von ihm betriebenen Verkaufsplattform den Abschluss eines Kaufvertrages eines Verbrauchers mit einem anderen Verbraucher lediglich ermöglicht, wenn dabei zugleich aufgrund der vom Unternehmer getroffenen Voreinstellung ein weiterer Vertrag zwischen dem die Webseite betreibenden Unternehmer und dem Verbraucher über eine Dienstleistung des Unternehmers begründet werden soll, für die der Verbraucher zusätzlich zu dem Kaufpreis eine (weitere) Zahlung erbringen soll.

KG Berlin v. 2.12.2025 - 5 U 87/22
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte die Beklagte - ein Unternehmen, das eine Online-Plattform betreibt, auf der Verbraucher von anderen Verbrauchern gebrauchte Artikel erwerben können - auf Unterlassung und Zahlung in Anspruch genommen. Das LG hat der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagten zur Zahlung von Abmahnkosten und teilweise zur Unterlassung verurteilt. Einen weiteren Antrag, nach dem es der Beklagten untersagt sein sollte, im Rahmen geschäftlicher Handlungen den zusätzlichen kostenpflichtigen Dienst "Käuferschutz" im Buchungsformular voreinzustellen, hat es abgewiesen.

Das LG war der Ansicht, dass die Anwendbarkeit des § 312a Abs. 3 BGB das Angebot einer Hauptleistung durch einen Unternehmer voraussetze. Daran fehle es jedoch im vorliegenden Fall. Der Betreiber einer Internetplattform, der - wie hier die Beklagte - lediglich den Abschluss von Kaufverträgen zwischen privaten Nutzern vermittelt, verlange für die Nutzung eines kostenpflichtigen Käuferschutzes kein zusätzliches Entgelt i.S.v. § 312a Abs. 3 BGB, auch wenn dieser Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher bestehe; es müsse sich nach dem eindeutigen Wortlaut des § 312a Abs. 3 BGB bei dem Vertrag über die Hauptleistung um einen Verbrauchervertrag handeln.

Auf die Berufung des Klägers hat das KG das Urteil des LG insoweit abgeändert, wie zum Nachteil des Klägers entschieden worden war und der Klage auch hinsichtlich des weiteren Klageantrags stattgegeben.

Die Gründe:
Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung gem. § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 3, § 3 Abs. 1, § 3a UWG i.V.m. § 312a Abs. 3 BGB zu.

Bei § 312a Abs. 3 BGB handelt es sich um Marktverhaltensregelung i.S.v. § 3a UWG. Die Vorschrift des § 312a Abs. 3 BGB ist von ihrem Sinn und Zweck ausgehend weit auszulegen. Sie erfasst - entgegen der Ansicht des LG - auch Fallgestaltungen, in denen der Unternehmer auf der von ihm betriebenen Verkaufsplattform den Abschluss eines Kaufvertrages eines Verbrauchers mit einem anderen Verbraucher lediglich ermöglicht, wenn bei dem Vertragsschluss zugleich aufgrund der von dem Unternehmer getroffenen Voreinstellung ein weiterer Vertrag zwischen dem die Webseite betreibenden Unternehmer und dem Verbraucher über eine Dienstleistung des Unternehmers begründet werden soll, für die der Verbraucher zusätzlich zu dem Kaufpreis eine (weitere) Zahlung erbringen soll.

Maßgebend für den Gesetzgeber war die Überlegung, dass der Verbraucher sein Augenmerk bei dem Vertragsschluss häufig in erster Linie auf die von ihm begehrte Hauptleistung richtet und nachträglich nicht selten überrascht ist oder sich davon überrumpelt fühlt, dass er sich aufgrund einer Voreinstellung des Unternehmers über die Bezahlung der eigentlichen Hauptleistung hinaus auch zu der Bezahlung weiterer Zusatzleistungen verpflichtet hat. Diese Überlegung war auf die im Streitfall gegebene Fallgestaltung, in der ein Verbraucher auf dem von einem Unternehmer betriebenen Internetportal einen Kaufvertrag mit einem anderen Verbraucher abschließt und ihm dabei aufgrund der Voreinstellung des die Webseite betreibenden Unternehmers im Vergleich zu der Hauptleistung eine Zusatzleistung des Unternehmers angeboten wird, ohne Weiteres übertragbar.

Auch in diesem Fall besteht die (abstrakte) Gefahr, dass der (kaufende) Verbraucher sein Augenmerk vor allem auf den Kaufpreis richtet und für ihn der Abschluss eines weiteren Vertrages über die von dem Unternehmer gegen Entgelt zu erbringende Zusatzleistung überraschend ist; für den Verbraucher macht es in der konkreten Kaufsituation mit Blick auf das Zusatzentgelt keinen erheblichen Unterschied, ob er den Kaufvertrag mit dem die Webseite betreibenden Unternehmer, einem anderen Unternehmer oder etwa einem Verbraucher schließt. Die abstrakte Gefahr, vor der § 312a Abs. 3 BGB schützen soll, wird von dem die Webseite betreibenden Unternehmer geschaffen, der - worauf es entscheidend ankommt - mit dem Verbraucher einen Verbrauchervertrag im Sinne des § 312 Abs. 1, § 310 Abs. 3 BGB schließt.

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