27.08.2025

Verklickt: Rückzahlung eines Flugpreises infolge einer Irrtumsanfechtung

Auch der Fall des "Verklickens" mit der Maustaste bei elektronischen Willenserklärungen (hier: Online-Buchung von Flügen) stellt einen Erklärungsirrtum dar. Beim Angebot eines Gutscheins handelt es sich nicht um die nach §§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 2 BGB geschuldete Leistung i.S.d. § 362 Abs. 1 BGB.

AG Steinfurt v. 24.6.2025 - 21 C 908/24
Der Sachverhalt:
Der Kläger wollte mit acht weiteren Personen nach Mallorca verreisen. Zu diesem Zweck erstellten die Mitreisenden eine WhatsApp-Gruppe mit dem Namen "Malle 24.10.-28.10." und beauftragten den Kläger mit der Buchung der Tickets. Am 29.3.2024 buchte der Kläger bei der Beklagten für insgesamt neun Personen Flugtickets für Flüge von Münster/Osnabrück nach Palma de Mallorca und zurück. Um 15:17 Uhr erhielt der Kläger eine entsprechende Buchungsbestätigung der Beklagten, die für den Hinflug den 26.9.2024 und für den Rückflug den 30.9.2024 auswies. Der Preis für die Flugtickets betrug insgesamt 2.285 €. Der Kläger bezahlte diesen Betrag über den Zahlungsdienstleister PayPal.

Nachdem der Kläger kurz darauf bemerkt hatte, dass die Flüge im September stattfinden sollten, erklärte er noch am selben Tag per E-Mail um 17:06 Uhr, dass er der Reisebuchung "widerspreche". Er habe sich hinsichtlich der Datumsangabe für den Flug verklickt und daher den falschen Monat, nämlich September statt Oktober, gebucht. Der Kläger hat die Buchung wegen Irrtums angefochten und den gezahlten Betrag binnen drei Wochen zurückgefordert. Hierauf bot die Beklagte dem Kläger die Erstattung mittels Gutscheins an, womit er sich nicht einverstanden erklärte.

Die Beklagte war der Ansicht, dem Kläger stehe kein Anfechtungsrecht zu; allenfalls läge ein unbeachtlicher Motivirrtum vor. Sollte der Kläger die Buchungsdaten beim Buchungsvorgang nicht noch einmal kontrolliert haben, habe er jedenfalls die im Verkehr erforderliche Sorgfalt missachtet.

Das AG hat der auf Zahlung von 2.285 € gerichteten Klage vollumfänglich stattgegeben.

Die Gründe:
Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Zahlungsanspruch i.H.v. 2.285 € aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zu.

Im vorliegenden Fall handelte es sich um einen Erklärungsirrtum. Ein solcher liegt vor, wenn der Erklärende eine Willenserklärung in einer Gestalt abgibt, in der er sie nicht abgeben wollte. Der äußere Erklärungstatbestand entsprach nicht dem Willen des Erklärenden. Auch der Fall des "Verklickens" mit der Maustaste bei elektronischen Willenserklärungen stellt einen solchen Erklärungsirrtum dar.

Zur Überzeugung des Gerichts (§ 286 ZPO) stand fest, dass der Kläger sich bei der Buchung der Flugtickets "verklickt" hatte und der äußere Erklärungstatbestand ("Buchung 26.-30.9.2024") von dem Willen des Klägers ("Buchung letztes Oktoberwochenende") zur Zeit der Buchung abwich. Insbesondere war als Reisedatum in der Bezeichnung des WhatsApp-Gruppennamens ein Datum im Oktober angegeben. Auch die Buchungsbestätigung für das Hotel vor Ort lautete auf Oktober. Im Übrigen führte die Reisegruppe die Reise auch tatsächlich im Oktober durch. Unerheblich war, ob der Irrtum des Klägers durch nochmalige Kontrolle der Daten in der Buchungsmaske bei Abschluss des Vertrages vermeidbar war. Vielmehr war allein entscheidend, dass der Erklärungsirrtum bei Abgabe der Willenserklärung vorgelegen hatte (AG Frankfurt a.M., Urt. v. 4.8.2022 - 31 C 236/22).

Gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB ist als Rechtsfolge das erlangte Etwas, hier also die zugunsten der Beklagten erfolgte Gutschrift bei PayPal herauszugeben bzw. Wertersatz in entsprechender Höhe gem. § 818 Abs. 2 BGB zu leisten. Dies ist auch noch nicht bereits aufgrund des Angebots eines entsprechenden Gutscheins geschehen, weil es sich nicht um die nach §§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 2 BGB geschuldete Leistung i.S.d. § 362 Abs. 1 BGB handelte und der Kläger diese Leistung wegen seines ausdrücklichen Widerspruchs auch nicht an Erfüllungs statt i.S.d. § 364 Abs. 1 BGB angenommen hatte.

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