17.06.2025

WEG: Ungültiger Umlaufbeschluss über Mülltonnen

Fassen die Eigentümer nach § 23 Abs. 3 S. 2 WEG einen Beschluss, über einen ganz konkreten Antrag (hier Bestellung einer Mülltonne in einer bestimmten Größe) im Umlaufverfahren mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen abstimmen zu wollen, ist hiervon eine Mehrheitsabstimmung im Umlaufverfahren über einen inhaltlich abweichenden Antrag (hier: Bestellung einer Mülltonne anderer Größe) nicht erfasst.

AG Köln v. 14.4.2025 - 215 C 57/24
Der Sachverhalt:
Die Kläger sind jeweils hälftig Eigentümer einer Sondereigentumseinheit und als solche Mitglieder der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Diese hatte in der Eigentümerversammlung vom 14.10.2024 zu TOP 10 den folgenden Beschluss gefasst:

"Die Eigentümergemeinschaft beschließt, erneut einen Umlaufbeschluss für 3 Container à 770 Liter für Restmüll, Papier und Wertstoff per Mehrheitsbeschluss in Umlauf zu bringen. Der Umlaufbeschluss soll mit einer Frist zur Rückmeldung aufgesetzt werden und einen Hinweis enthalten, dass der Vollservice schon beschlossen ist."

Im Nachgang leitete die Verwalterin ein Beschlussverfahren im Umlauf ein. Dabei wies sie darauf hin, dass die Wertstofftonne nur in den Größen 240 Liter und 1.100 Liter erhältlich sei. Der Beschlussantrag enthielt sodann die Variante mit einer Wertstofftonne von 240 Litern. Der Beschluss wurde mit Mehrheit gegen die Stimmen der Kläger gefasst und sodann am 10.12.2024 von der Verwalterin per E-Mail verkündet.

Die Kläger waren der Ansicht, sämtliche Eigentümer hätten dem Umlaufbeschluss zustimmen müssen. Dieser sei nicht von dem Beschluss vom 14.10.2024 gedeckt gewesen. Das AG hat der Klage stattgegeben und den angefochtenen Beschluss für ungültig erklärt.

Die Gründe:
Der angefochtene Beschluss war ungültig, weil zu einer Beschlussfassung im Umlaufverfahren nach § 23 Abs. 3 S. 1 WEG die - hier fehlende - Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer ("Allstimmigkeit") erforderlich war. Anderes ergab sich auch nicht aus § 23 Abs. 3 S. 2 WEG i.V.m. dem Absenkungsbeschluss aus der Eigentümerversammlung.

Die Eigentümer hatten zwar einen Beschluss nach § 23 Abs. 3 S. 2 WEG gefasst, nach dem im Umlaufverfahren ein Mehrheitsbeschluss gefasst werden sollte; der dann um Umlaufverfahren gefasste Mehrheitsbeschluss war aber von dem Absenkungsbeschluss nicht gedeckt. Danach können die Wohnungseigentümer beschließen, dass für einen einzelnen Gegenstand die Mehrheit der abgegebenen Stimmen im Umlaufverfahren genügt. Was unter einem "einzelnen Gegenstand" zu verstehen ist, ist in Rechtsprechung und Schrifttum zwar noch nicht hinreichend geklärt. Hierauf kam es aber nicht an. Maßgeblich war vielmehr die Frage, ob die schließlich getroffene Sachentscheidung im Umlaufverfahren von dem sie legitimierenden Absenkungsbeschluss noch "getragen" wurde.

Das war vorliegend definitiv nicht der Fall. Ausweislich des Absenkungsbeschlusses sollte über einen konkreten Beschlussantrag, der bereits Gegenstand der Diskussion in der Eigentümerversammlung war, abgestimmt werden. Im Folgenden hat sich aber herausgestellt, dass dieser konkrete Beschlussinhalt nicht umsetzbar gewesen wäre, weshalb sachlich zwischen verschiedenen Varianten - etwa Rückgabe der vorhandenen 240-Liter-Tonne(n) und Anschaffung einer 1.100 Liter-Tonne oder Bestellung einer weiteren 240-Liter-Tonne unter Beibehaltung der vorhandenen Tonne(n) zu entscheiden war.

Eine Auslegung des Absenkungsbeschlusses dahingehend, dass die Verwalterin berechtigt sein sollte, den Eigentümern auch andere als die konkret benannte Varianten nach eigener Entscheidung und ohne weitere Diskussion der Eigentümer zur Abstimmung im Umlaufverfahren mit einfacher Mehrheit habe vorlegen dürfen, lag nach Auffassung des Gerichts fern. Es handelte sich bei dem Beschluss auch nicht etwa um ein "Minus" gegenüber dem Beschluss, einen 770-Liter-Container anzuschaffen, sondern vielmehr um etwas anderes. Deshalb konnte dahinstehen, ob die vorstehenden Erwägungen auch dann Anwendung finden könnten, wenn tatsächlich weniger beschlossen worden wäre als vorgesehen.

Mehr zum Thema:

Kommentierung | GKG
§ 49 (Beschlussklagen nach dem Wohnungseigentumsgesetz)
Suilmann in Jennißen, WEG, Kommentar, 8. Auflage
8. Aufl./Lfg. 10.2023

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