17.06.2025

Zuschlag i.H.v. 10 % für Nebenforderungen bei Streitwertbemessung für Sicherungsverlangen gem. § 650 f Abs. 1 Satz 1 BGB nicht werterhöhend

Bei der Streitwertbemessung für ein Sicherungsverlangen gem. § 650 f Abs. 1 Satz 1 BGB ist der Zuschlag i.H.v. 10 % für Nebenforderungen nicht werterhöhend in Ansatz zu bringen.

KG Berlin v. 4.6.2025 - 21 W 26/25
Der Sachverhalt:
Die Klägerin machte mit ihrer Klage die Stellung einer Bauhandwerkersicherheit gem. § 650 f BGB i.H.v. rd. 580.000 € brutto - einschließlich des zehnprozentigen Zuschlags für Nebenforderungen gem. § 650 f Abs. 1 Satz 1 BGB - geltend. Nachdem das Sicherheitsverlangen der Klägerin durch einen Vergleich erledigt wurde, nahm sie ihre Klage zurück. Das LG setzte den Streitwert auf rd. 580.000 € fest.

Hiergegen legten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Schriftsatz vom 20.05.2025 Beschwerde ein. Sie sind der Ansicht, der zehnprozentige Zuschlag für Nebenforderungen gem. § 650 f BGB sei gem. § 4 Abs. 1 ZPO nicht zu berücksichtigen, so dass der Streitwert auf lediglich rd. 520.000 € festzusetzen sei.

Die Beklagtenvertreter meinen, der Streitwert bemesse sich nach dem geltend gemachten Betrag der zu sichernden Forderung, was die zehnprozentige Nebenforderung einschließe. Dies entspreche auch dem wirtschaftlichen Interesse der Klägerin.

Das LG half der Beschwerde der Klägervertreter nicht ab. Das OLG änderte den Beschluss des LG ab und setzte den Streitwert auf rd. 520.000 € fest.

Die Gründe:
Der Streitwert ist auf den geltend gemachten Betrag für die zu sichernde Vergütungsforderung i.H.v. rd. 520.000 € festzusetzen, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG.

Bei der Streitwertbemessung für ein Sicherungsverlangen gem. § 650 f Abs. 1 Satz 1 BGB ist der Zuschlag i.H.v. 10 % für Nebenforderungen nicht werterhöhend in Ansatz zu bringen. Dies ergibt sich aus § 4 Abs. 1 2. Halbsatz ZPO, wonach Früchte, Nutzungen, Zinsen und Kosten unberücksichtigt bleiben, wenn sie als Nebenforderungen geltend gemacht werden. Soweit gem. § 650 f Abs. 1 BGB Sicherheit auch für Nebenforderungen i.H.v. 10 % des Vergütungsanspruchs verlangt werden kann, ändert diese Pauschalierung nichts an der Einstufung dieser Nebenforderungen auch als solche i.S.v. § 4 Abs. 1 2. Halbsatz ZPO.

Ein miteingeklagter Anspruch ist dann eine Nebenforderung, wenn er in einem Abhängigkeitsverhältnis zur Hauptforderung steht und sachlich rechtlich von ihr abhängt. Nebenforderungen werden selbst dann nicht zur Hauptforderung, wenn sie im Klageantrag mit der Hauptforderung zu einem einheitlichen Betrag zusammengefasst werden. Nach diesen Maßstäben sind die gem. § 650 f BGB pauschalierten Nebenforderungen auch als solche i.S.v. § 4 Abs. 1 ZPO einzustufen. Denn sie sind nach materiellem Recht gerade nicht als gleichrangig mit der zu sichernden Vergütung anzusehen, sondern hängen von ihr ab. Es handelt sich eben nicht um gleichwertige Berechnungsposten eines einheitlichen Anspruchs.

Auch das wirtschaftliche Interesse des Unternehmers, nicht nur für den zu sichernden Vergütungsanspruch eine Sicherheit gem. § 650 f BGB zu verlangen, sondern auch bzgl. des pauschalen Aufschlags i.H.v. 10 %, ändert nichts an der Einstufung dieses Aufschlags als Nebenforderung i.S.v. § 4 Abs. 1 2. Halbsatz ZPO. Denn das wirtschaftliche Interesse einer Partei an Nebenforderungen, insbesondere Zinsen, kann in jedem Prozess eine erhebliche Bedeutung haben und betragsmäßig neben der Hauptforderung ins Gewicht fallen, ohne dass hierdurch eine Abkehr von der gem. § 4 ZPO vorzunehmenden Wertberechnung veranlasst wäre. Es ist nach Maßgabe des BGH auch ohne Belang, dass die Klägerin mit ihrem Antrag die Stellung einer einheitlichen Sicherheit für die zu sichernde Vergütung einschließlich des Zuschlags i.H.v. 10 % verlangt. Hierdurch erstarkt der pauschalierte Aufschlag von 10 % gem. § 650 f Abs. 1 Satz 1 BGB nicht zur Hauptforderung.

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Aufsatz
Die Entwicklungen im Bauvertragsrecht
Günter Schmeel, MDR 2025, 137
MDR0075319

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