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Aktuelle Urteile im Steuerrecht, Gesellschaftsrecht, Wirtschaftsrecht, Arbeitsrecht, Zivilrecht, Zivilverfahrensrecht, Öffentliches Recht und Strafrecht

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21.09.2023

Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst: Für rentenferne Versicherte getroffene Übergangsregelung ist wirksam

BGH v. 20.9.2023 - IV ZR 120/22

Die im März 2018 erneut geänderte Startgutschriftenregelung für rentenferne Versicherte der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) ist wirksam. Die Anwendung des Näherungsverfahrens verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz und bewirkt ferner keine unzulässige Benachteiligung wegen des Geschlechts. Insbesondere liegt keine unzulässige Benachteiligung weiblicher rentenferner Versicherter vor.

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21.09.2023

Keine ernsthaften Zweifel an Verfassungsmäßigkeit des Bayerischen Grundsteuergesetzes

FG Nürnberg v. 8.8.2023, 8 V 300/23

Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Regelungen des Bayerischen Grundsteuergesetzes. Eine exakte Bestimmung dieser Einnahmeausfälle ist bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen und ausreichenden summarischen Prüfung nicht erforderlich.

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21.09.2023

Vertrauensschutz bei rechtswidrigem Verwaltungshandeln

Kurzbesprechung

1. Nimmt der Umsatzsteuerjahresbescheid den Regelungsgehalt vorheriger Voranmeldungsfestsetzungen in sich auf, ist für die Prüfung, zu welchem Zeitpunkt die in § 176 Abs. 2 AO genannte allgemeine Verwaltungsvorschrift als nicht mit dem geltenden Recht in Einklang stehend bezeichnet wurde, auf die jeweilige Voranmeldungsfestsetzung abzustellen.
2. Es besteht keine Änderungsbefugnis nach § 27 Abs. 19 UStG, wenn der Organträger einer Bauleistungen erbringenden Organgesellschaft keinen Anspruch der Organgesellschaft gegen den Leistungsempfänger abtreten kann, da über das Vermögen der Organgesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist.

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21.09.2023

Einfuhrumsatzsteuer und Vorsteuerabzug

Kurzbesprechung

Bei richtlinienkonformer Auslegung von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG erfordert die Einfuhr für das Unternehmen eine Verwendung des eingeführten Gegenstandes für Zwecke der besteuerten Umsätze des Unternehmers. Dies setzt voraus, dass er den Gegenstand selbst und damit dessen Wert für diese Umsätze verwendet. Erbringt der Unternehmer in Bezug auf den eingeführten Gegenstand lediglich eine Verzollungs- oder eine Beförderungsdienstleistung, steht ihm daher kein Abzugsrecht zu.

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21.09.2023

Anwendung des Halbabzugsverbots im Fall der Korrektur eines fehlerhaften Bilanzansatzes

Kurzbesprechung

Wird der Bilanzansatz einer (nicht einnahmelosen) Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft im Jahr 2004 erfolgswirksam korrigiert (Nachholung der Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert, § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes ‑‑EStG‑‑), liegt eine Betriebsvermögensminderung im Sinne des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG vor. Dabei gilt das Halbabzugsverbot auch dann, wenn der Bilanzierungsfehler dem Steuerpflichtigen im Jahr 2001 ‑‑vor Geltung des Halbeinkünfteverfahrens‑‑ unterlaufen ist.

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21.09.2023

Zur Berücksichtigung von zurückgezahlten Erstattungszinsen im Sinne des § 233a Abs. 1 AO als negative Einnahmen aus Kapitalvermögen

Kurzbesprechung

1. Werden Erstattungszinsen zur Einkommensteuer im Sinne des § 233a Abs. 1 AO zugunsten des Steuerpflichtigen festgesetzt und an ihn ausgezahlt, und zahlt der Steuerpflichtige diese Zinsen aufgrund einer erneuten Zinsfestsetzung nach § 233a Abs. 5 Satz 1 AO an das Finanzamt zurück, kann die Rückzahlung zu negativen Einnahmen aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) führen.
2. Das Entstehen negativer Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG setzt voraus, dass die vom Steuerpflichtigen aufgrund der erneuten Zinsfestsetzung zu zahlenden Zinsen auf denselben Unterschiedsbetrag und denselben Verzinsungszeitraum entfallen wie die aufgrund der früheren Zinsfestsetzung erhaltenen Erstattungszinsen.

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20.09.2023

Gilt die Unsinnigkeit eines "Dauerrot"-Gebotes für alle Verkehrsteilnehmer?

OLG Hamburg v. 11.9.2023 - 5 ORbs 25/23

Zeigt eine Wechsellichtzeichenanlage aufgrund einer technischen Funktionsstörung dauerhaft Rot, so ist der darin liegende Verwaltungsakt nichtig i.S.d. § 44 VwVfG, weil die Dauer des gezeigten Rotlichts in diesem Fall nicht mehr auf dem vom menschlichen Willen getragenen Schaltplan - der Programmierung durch die Verkehrsbehörde - beruht und sich die Unsinnigkeit eines "Dauerrot"-Gebotes ohne weiteres aufdrängt. Diese Rechtsprechung findet nicht nur auf Kraftfahrer Anwendung, sondern auf alle Verkehrsteilnehmer, für die das Lichtzeichen im konkreten Fall Geltung beansprucht.

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20.09.2023

Keine Entgeltfortzahlung bei COVID-19 wegen unterlassener Impfung?

LAG Hamm v. 24.8.2023 - 15 Sa 1033/22

Ein Verschulden der Arbeitsunfähigkeit durch einen nicht geimpften Arbeitnehmer iSv. § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG ist nicht anzunehmen, wenn die Corona-Infektion durch die Inanspruchnahme der empfohlenen Schutzimpfung nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit hätte verhindert werden können. Ein an COVID-19 erkrankter Arbeitnehmer ist infolge Krankheit dabei objektiv an seiner Arbeitsleistung verhindert, auch wenn er sich in Quarantäne begeben muss (Ausnahme: Homeoffice). Die erforderliche Monokausalität iSv. § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG ist gegeben, wenn die behördlich angeordnete Quarantäne Folge einer Arbeitsunfähigkeit ist.

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20.09.2023

Unentgeltliche Auszahlungen iSv § 134 InsO an den Gesellschafter bei Schneeballsystem

OLG Frankfurt a.M. v. 21.6.2023 - 4 U 158/22

Stehen einem stillen Gesellschafter lediglich gewinnabhängige Auszahlungen zu, so sind Auszahlungen unentgeltlich im Sinne von § 134 InsO, welche die Stille Gesellschaft, die ein Geschäftsmodell in der Art eines Schneeballsystems betreibt, trotz Kenntnis von in Wirklichkeit eingefahrenen Verlusten leistet.

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20.09.2023

Zuständigkeit der Gerichte in bei einem Schiedsgericht anhängig zu machenden Streitverfahren

OLG Frankfurt v. 10.7.2023 - 26 SchH 5/23

Gericht der Hauptsache im Sinne des § 943 ZPO ist in den Fällen, in denen das Streitverfahren vor einem Schiedsgericht zu führen ist oder geführt wird, das Amts- oder Landgericht, welches nach den allgemeinen Regeln ohne die Schiedsvereinbarung zuständig wäre.

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20.09.2023

Verfahrensfehler bei Entscheidung über Eigenbedarfskündigung

BGH v. 8.8.2023 - VIII ZR 20/23

Die Prüfungskompetenz des Berufungsgerichts hinsichtlich der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellung ist nicht auf den Umfang beschränkt, in dem eine zweitinstanzliche Tatsachenfeststellung der Kontrolle durch das Revisionsgericht unterliegt. Daher hat das Berufungsgericht die erstinstanzliche Überzeugungsbildung nicht nur auf Rechtsfehler zu überprüfen. Vielmehr können sich Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen i.S.v. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auch aus der Möglichkeit unterschiedlicher Bewertungen der erstinstanzlichen Beweisaufnahme ergeben.

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19.09.2023

Beweislast für die Behauptung, ein Mietverhältnis sei befristet

OLG Dresden v. 12.7.2023 - 5 U 255/23

Für die Behauptung, ein Mietverhältnis sei befristet, trägt derjenige die Beweislast, der aus der Befristung Rechte für sich herleiten will.

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19.09.2023

Barrierefrei: "Funktionell erblindete" Frau kann Schriftsätze in Form von Audiodateien verlangen

LG München I v. 12.9.2023, 14 T 9699/23

Nach § 191a Abs. 1 S. 2 i.V.m. Abs. 1 S. 1 GVG kann ein blinde oder sehbehinderte Person - trotz anwaltlicher Vertretung - nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 191a Abs. 2 GVG verlangen, dass ihr Schriftsätze und andere Dokumente eines gerichtlichen Verfahrens barrierefrei zugänglich gemacht werden. Die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern hier eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts, § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Es steht vorliegend eine Abweichung von der Rechtsprechung des BVerfG sowie des BGH im Raum.

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19.09.2023

OLG Karlsruhe wendet erstmals neue BGH-Rechtsprechung an: Herstellerin von Diesel-Pkw zu Schadensersatz wegen des sog. Thermofensters verurteilt

OLG Karlsruhe v. 22.8.2023 - 8 U 86/21 u.a.

Das OLG Karlsruhe hat eine Pkw-Herstellerin in zwei Fällen wegen unzulässiger Abschalteinrichtungen in Dieselfahrzeugen zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt. Das OLG hat mit diesen Urteilen für die Haftung von Pkw-Herstellern erstmals die bloß fahrlässige Verwendung einer Abschalteinrichtung, hier eines sog. Thermofensters, ausreichen lassen (8 U 86/21 und 8 U 271/21). Der Senat ist damit den Entscheidungen des EuGH vom 21.3.2023 (C-100/21) und des BGH vom 26.6.2023 (insbes. VIa ZR 335/21) gefolgt.

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19.09.2023

Schranken bei der Festsetzung von Barunterhalt im vereinfachten Verfahren

OLG Brandenburg v. 13.7.2023 - 13 WF 78/23

Lebt ein Kind im Haushalt eines Elternteils, so erfüllt dieser seine Unterhaltspflicht in der Regel schon durch Pflege und Erziehung des Kindes und schuldet keinen Barunterhalt (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB). Wenn der Antragsgegner seine Unterhaltspflicht teilweise durch Pflege und Erziehung des Kindes erfüllt, kann ein etwaig daneben geschuldeter Barunterhalt nicht im vereinfachten Verfahren gem. §§ 249 ff. FamFG festgesetzt werden.

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19.09.2023

Überlassung der Ehewohnung nach Scheidung: Vorrang der familienrechtlichen Vorschriften nur zwischen Ehegatten

OLG Nürnberg v. 10.8.2023 - 7 UF 312/23

Der Vorrang der familienrechtlichen Vorschriften zur Überlassung der Ehewohnung vor einem Herausgabeanspruch aus § 985 BGB gilt nur im Verhältnis der Ehegatten [oder Lebenspartner] untereinander.

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19.09.2023

Fristlose Kündigung wegen sexueller Belästigung wirksam

ArbG Berlin v. 6.9.2023 - 22 Ca 1097/23

Das ArbG Berlin hat die fristlose Kündigung eines bei einer Bundesbehörde beschäftigten Arbeitnehmers wegen des Vorwurfs, dieser habe vorsätzlich die unbekleideten Brüste einer Arbeitskollegin ohne deren Einwilligung berührt, für wirksam erachtet.

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19.09.2023

Meinungsfreiheit - Türkei: Zurückhalten von Ausgaben einer an Inhaftierte versandten Zeitschrift durch Strafvollzugsbehörden

EGMR v. 18.07.2023 - 23782/20 u. 40731/20

Gefangene haben das Recht, in Haft weiterhin Informationen und Ideen zu erhalten. Jede Einschränkung dieses Rechts muss einem dringenden gesellschaftlichen Bedürfnis entsprechen.

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19.09.2023

Meinungsfreiheit - Russland: Gewaltsamer Angriff von Kosaken auf die Band Pussy Riot bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi

EGMR v. 29.08.2023 - 25276/15

Der russische Staat ist für einen gewaltsamen Angriff von Kosaken auf Mitglieder der feministischen Punkband Pussy Riot direkt verantwortlich.

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