Arbeitsrecht | Sozialrecht

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Das müssen Sie im Arbeitsrecht und Sozialrecht wissen! Aktuelle Urteile und Beschlüsse in Kurzfassungen sowie Informationen über Gesetzgebungsvorhaben.

Das BAG hat mit Beschluss vom 13.9.2022 (Az.: 1 ABR 22/21) entschieden, dass Arbeitgeber in unionsrechtskonformer Auslegung des § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG gesetzlich verpflichtet sind, ein System zur Erfassung der täglichen Arbeitszeit einzuführen.  Mit dieser sog. „Stechuhr-Entscheidung“ ist das BAG dem Gesetzgeber zuvorgekommen, denn bereits mit der CCOO-Entscheidung (EuGH, Urt. v. 14.5.2019 – C-55/18, ArbRB 2019, 162 [Marquardt]) war klar, dass das deutsche Arbeitszeitrecht anzupassen ist. 

Lesen Sie hierzu unser Online-Dossier zum Thema: Die neue Pflicht zur Arbeitszeiterfassung – Inhalt und Konsequenzen

Online-Dossier: Das besondere elektronische Anwaltsfach (beA) im Arbeitsrecht

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01.06.2011
Öffentlicher Dienst: Im Schreibdienst besteht nach Überleitung in den TVöD kein Anspruch auf eine Funktionszulage mehr
BAG 18.5.2011, 10 AZR 206/10

Angestellte im öffentlichen Dienst haben seit Inkrafttreten des TVöD keinen Anspruch auf Fortzahlung der Funktionszulage im Schreibdienst. Der Zulagenanspruch bestand nur bis zum Inkrafttreten einer tariflichen Neuregelung, die  durch den TVöD zum 1.10.2005 erfolgt ist.

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30.05.2011
CGZP war auch in der Vergangenheit nicht tariffähig
ArbG Berlin 30.5.2011, 29 BV 13947/10

Die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personal-Service-Agenturen (CGZP) war auch in der Vergangenheit nicht tariffähig und konnte keine Tarifverträge abschließen. Leiharbeitnehmer, die nach Maßgabe dieser Tarifverträge entlohnt wurden, können daher möglicherweise im Nachhinein eine Gleichstellung mit vergleichbaren Arbeitnehmern der Entleiher verlangen.

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26.05.2011
Auch die Verlagerung eines Betriebsteils ins grenznahe Ausland stellt einen Betriebsübergang i.S.v. § 613a BGB dar
BAG 26.5.2011, 8 AZR 37/10

Verlagert der Arbeitgeber einen Betriebsteil ins grenznahe Ausland, so liegt insoweit keine Stilllegung, sondern ein (Teil-)Betriebsübergang i.S.v. § 613a BGB vor. Kündigungen wegen der Betriebsteilverlagerung sind daher gem. § 613a Abs. 4 BGB ausgeschlossen. Das gilt jedenfalls dann, wenn für den Arbeitsvertrag deutsches Recht maßgeblich ist, da in diesem Fall § 613a BGB auch bei einer Verlagerung des Betriebsteils ins grenznahe Ausland (hier: die Schweiz) anwendbar ist.

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26.05.2011
Elternzeit: Urlaubsanspruch darf nur im gesetzlich vorgesehenen Umfang gekürzt werden
BAG 17.5.2011, 9 AZR 197/10

Arbeitgeber dürfen in der Elternzeit den Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers gem. § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG lediglich um ein Zwölftel für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit kürzen. Hat der Arbeitnehmer die Elternzeit im bereits laufenden Monat begonnen oder beendet, scheidet für diese beiden Monate eine Urlaubskürzung aus, da es sich hierbei jeweils nicht um einen "vollen Kalendermonat" i.S.v. § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG handelt.

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25.05.2011
Unternehmen können einvernehmlich ohne Einhaltung einer Frist aus dem Arbeitgeberverband austreten
BAG 18.5.2011, 4 AZR 457/09

Sieht die Satzung eines Arbeitgeberverbands für die Kündigung der Mitgliedschaft bestimmte Fristen vor, so schließt dies eine frühere Beendigung der Mitgliedschaft durch Aufhebungsvereinbarung grds. nicht aus. Von der Frage der satzungsrechtlichen Wirksamkeit des Verbandsaustritts ist allerdings die der tarifrechtlichen Wirksamkeit eines solchen "Blitzaustritts" zu unterscheiden.

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19.05.2011
Vorerst keine EuGH-Entscheidung zur Zulässigkeit der Altersgruppenbildung bei der Sozialauswahl

Der EuGH wird vorerst nicht abschließend klären können, ob die nach deutscher Rechtsprechung grds. zulässige Bildung von Altersgruppen bei der Sozialauswahl gegen das Verbot der Altersdiskriminierung verstößt. Denn eine entsprechende Vorlage an den EuGH durch das Arbeitsgericht Siegen (Beschl. v. 27.1.2010 - 2 Ca 2144/09) ist jetzt kurz vor der zu erwartenden Entscheidung des EuGH durch Vergleich erledigt worden.

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18.05.2011
Freistellung während der Kündigungsfrist unter Anrechnung von Urlaubstagen muss eindeutig formuliert sein
BAG 17.5.2011, 9 AZR 189/10

Kündigt der Arbeitgeber und stellt den Arbeitnehmer ab sofort unter Anrechnung von Urlaub frei, so muss für den Arbeitnehmer eindeutig erkennbar sein, in welchem Umfang die Urlaubsansprüche erfüllt werden sollen. Zweifel gehen zulasten des Arbeitgebers. Reicht der Freistellungszeitraum über die Jahresgrenze hinaus, muss daher z.B. klar sein, ob der volle Urlaubsanspruch für das neue Jahre erfüllt werden soll oder nur der auf die Zeit bis zum Ablauf der Kündigungsfrist entfallende Teilanspruch.

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18.05.2011
Gewerkschaften können bei tarifwidrigen Betriebsvereinbarungen nur Unterlassung und keinen Schadensersatz verlangen
BAG 17.5.2011, 1 AZR 473/09

Weicht im Betrieb eines tarifgebundenen Arbeitgebers eine Betriebsvereinbarung zum Nachteil der Arbeitnehmer von der tariflichen Regelung ab, so kann die tarifschließende Gewerkschaft zwar Unterlassung verlangen. Sie hat aber keinen eigenen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber Entgeltnachteile ausgleicht, die den Arbeitnehmern aufgrund der tarifwidrigen Betriebsvereinbarung entstanden sind.

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17.05.2011
Mutterschutzzeiten müssen bei der betrieblichen Zusatzversorgung berücksichtigt werden
BVerfG 28.4.2011, 1 BvR 1409/10

Gewährt der Arbeitgeber eine betriebliche Zusatzversorgung erst nach einer bestimmten Wartezeit, dürfen Mutterschutzzeiten insoweit nicht unberücksichtigt bleiben. Das gilt jedenfalls für öffentliche Arbeitgeber, die unmittelbar an die Beachtung des Gleichheitsgrundrechts gebunden sind. Eine solche Satzungsregelung (hier: der VBL) soll zwar Arbeitgeber ermuntern, Frauen im gebärfähigen Alter einzustellen. Dies rechtfertigt aber keine Diskriminierung von Müttern durch die Hintertür.

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16.05.2011
Außerdienstliche Aktivitäten für die NDP rechtfertigen nicht unbedingt eine Kündigung
BAG 12.5.2011, 2 AZR 479/09

Bei im öffentlichen Dienst beschäftigten Arbeitnehmern rechtfertigt nicht jede außerdienstliche Tätigkeit für eine verfassungswidrige Partei eine personenbedingte Kündigung. Voraussetzung für eine Kündigung ist vielmehr ein aktives Eintreten für die Partei. Es ist allerdings nicht erforderlich, dass das Bundesverfassungsgericht diese für verfassungswidrig erklärt hat.

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12.05.2011
Heimliche Videoüberwachung eines Arbeitsplatzes setzt konkreten Tatverdacht voraus
ArbG Düsseldorf 3.5.2011, 11 Ca 7326/10 u.a.

Die heimliche Videoüberwachung eines Arbeitsplatzes kommt nur in Betracht, wenn der Arbeitgeber aufgrund tatsächlicher, nachprüfbarer Anhaltspunkte einen Straftatverdacht auf bestimmte Personen sowie eine bestimmte Tat konkretisieren kann. Liegen diese Voraussetzung nicht vor, ist ein im Kündigungsschutzprozess eingeführter Videobeweis, der die Tatbegehung belegt, nicht verwertbar.

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12.05.2011
Anspruch auf Entgeltumwandlung ist bei nichttarifgebundenen Arbeitnehmern nicht ohne weiteres abbedingbar
BAG 19.4.2011, 3 AZR 154/09

Von dem Anspruch auf Entgeltumwandlung aus § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG kann zwar gem. § 17 Abs. 3 BetrAVG durch Tarifvertrag - auch zu Ungunsten der Arbeitnehmer - abgewichen werden. Sind die Arbeitsvertragsparteien allerdings nicht tarifgebunden, gilt dies nur, wenn die Anwendung der "einschlägigen" tariflichen Regelung vereinbart ist. Das setzt voraus, dass der Tarifvertrag in Bezug genommen wird, der bei Tarifgebundenheit der Parteien räumlich, betrieblich, fachlich und persönlich gelten würde.

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11.05.2011
"Verpartnerte" Arbeitnehmer haben Anspruch auf Zusatzversorgungsbezüge für Verheiratete
EuGH 10.5.2011, C-147/08

Zusätzliche Versorgungsbezüge für verheiratete Arbeitnehmer stehen auch Arbeitnehmern zu, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben. Ein Ausschluss "verpartnerter" Arbeitnehmer von diesen Leistungen verstößt angesichts der weitreichenden Annäherung der für diese beiden Personenstände geltenden Regelungen in der deutsche Rechtsordnung gegen das Verbot der Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung. Betroffene können für die Zeit ab dem 3.12.2003 Nachzahlungen verlangen.

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10.05.2011
Widerruf einer Zulage: AGB-Klausel kann in Altfällen trotz fehlender Angabe von Widerrufsgründen wirksam sein
BAG 20.4.2011, 5 AZR 191/10

Seit der Schuldrechtsreform dürfen Arbeitgeber eine in AGB versprochene Leistung zwar nicht mehr grundlos widerrufen. Ein zuvor vereinbartes formularmäßiges Widerrufsrecht, das diesen Anforderungen nicht genügt, ist aber nicht ohne weiteres unwirksam. Die durch die Neuregelung entstandene Vertragslücke ist vielmehr im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen, so dass in diesen Fällen ein Widerruf bei tatsächlichem Vorliegen eines Widerrufsgrundes wirksam ist.

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10.05.2011
Bauarbeiter haben bei vorübergehender Entsendung ins Ausland einen Mindestlohnanspruch
BAG 20.4.2011, 5 AZR 171/10

Deutsche Bauunternehmen, die Arbeitnehmer vorübergehend ins Ausland (hier: nach Dänemark) entsenden, ohne dass hierfür eine Vergütungsregelung getroffen wurde, schulden nach § 612 BGB die übliche Vergütung. Diese richtet sich nach dem Tarifvertrag zur Regelung der Mindestlöhne im Baugewerbe (TV Mindestlohn), sofern im vergleichbaren Wirtschaftskreis tatsächlich keine höhere Vergütung für Auslandseinsätze gewährt wird. Ob in diesen Fällen der Mindestlohn West oder Ost zu zahlen ist, bestimmt sich nach dem Einstellungsort.

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06.05.2011
Verstoß gegen EMRK rechtfertigt in Altfällen keine Wiederaufnahme eines Kündigungsschutzverfahrens
LAG Düsseldorf 4.5.2011, 7 Sa 1427/10

 Die Feststellung der Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) stellt zwar nach § 580 Nr. 8 ZPO n.F. einen Wiederaufnahmegrund für nach nationalem Recht rechtskräftig abgeschlossene Verfahren dar. Dies gilt gem. § 35 EGZPO aber nicht für vor dem 31.12.2006 rechtskräftig abgeschlossene Verfahren, so dass die Restitutionsklage eines wegen Ehebruchs gekündigten Kirchenmusikers, dessen Individualbeschwerde vor dem EGMR Erfolg gehabt hatte, abzuweisen war.

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02.05.2011
Arbeitgeber haften nur bei Vorsatz für Gesundheitsschäden wegen Arbeiten an asbesthaltigen Bauteilen
BAG 28.4.2011, 8 AZR 769/09

Hat ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer angewiesen, ohne Schutzmaßnahmen mit asbesthaltigem Material zu arbeiten, so kann er zwar grds. für mögliche spätere Gesundheitsschäden haftbar gemacht werden. Das gilt allerdings nur, wenn der Arbeitgeber eine Gesundheitsschädigung des Arbeitnehmers zumindest bewusst in Kauf genommen hat.

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02.05.2011
Volle Arbeitnehmerfreizügigkeit seit dem 1.5.2011

Seit dem 1.5.2011 können sich Bürger aus den 2004 der Europäischen Union (EU) beigetretenen Staaten Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn frei auf dem deutschen Arbeitsmarkt bewerben. Denn nach dem Ende der insgesamt sieben Jahre währenden Übergangszeit sind nunmehr die letzten noch bestehenden Beschränkungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit entfallen.

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14.04.2011
Kein generelles Verbot von Aussperrungen im einstweiligen Rechtsschutz ("Lokführerstreik")
LAG Berlin-Brandenburg 13.4.2011, 7 Ta 804/11

Aussperrungen stellen ein in der Rechtsprechung anerkanntes Arbeitskampfmittel dar und können daher nicht generell im Wege einer einstweiligen Verfügung untersagt werden. Ein entsprechender Antrag der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GdL) hatte deshalb keinen Erfolg. Die Gewerkschaft konnte zudem nicht hinreichend darlegen, dass ihr Streikrecht in der Vergangenheit in unzulässiger Weise beeinträchtigt worden ist.

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13.04.2011
Nach Altersstufen gestaffelte Sozialplan-Abfindungen verstoßen nicht gegen EU-Recht
BAG 12.4.2011, 1 AZR 764/09

Nach § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG dürfen bei der Bemessung der Abfindungshöhe in Sozialplänen Altersstufen gebildet werden, weil ältere Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt typscherweise schlechtere Chancen haben als jüngere. Diese Vorschrift ist mit dem Verbot der Altersdiskriminierung im Recht der Europäischen Union vereinbar und erlaubt es auch, die höchste Abfindung bereits ab Vollendung des 40. Lebensjahres  zu gewähren.

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12.04.2011
Angestellte Lehrer haben keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz für ihr häusliches Arbeitszimmer
BAG 12.4.2011, 9 AZR 14/10

Lehrer können von ihrem Dienstherrn nicht die Übernahme der Kosten für ihr häusliches Arbeitszimmer verlangen. Zwar kann sich aus der entsprechenden Anwendung von § 670 BGB ein Aufwendungsersatzanspruch des Arbeitnehmers ergeben. Hierfür ist aber kein Raum, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bewusst anstelle eines solchen Anspruchs das Recht eingeräumt hat, frei darüber zu entscheiden, an welchem Ort und zu welcher Zeit er den Unterricht vor- und nachbereitet.

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12.04.2011
Experten streiten über gesetzgeberische Auswirkungen der "Kücükdeveci"-Entscheidung

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales im Bundestag hat am 11.4.2011 eine öffentliche Anhörung zu Gesetzentwürfen der Opposition durchgeführt, die in Reaktion auf die "Kücükdeveci" -Entscheidung des EuGH (Urt. v. 19.1.2010 - Rs. C-555/07) eine Streichung des § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB vorsehen. Unter den angehörten Experten besteht insoweit Uneinigkeit. Eine entsprechende Beschlussfassung im Bundestag ist allerdings wegen fehlender Unterstützung durch die Bundesregierung unwahrscheinlich.

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